Flüchtlingspolitik:Die Bedenken bleiben

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Innenminister Horst Seehofer (2. v.l.) und Amtskollegen aus den Bundesländern bei der Abschlusskonferenz in Quedlinburg. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Bundesinnenminister Horst Seehofer und seine Ministerkollegen aus den Ländern nähern sich im Streit um die "Ankerzentren" ein wenig an.

Von Constanze von Bullion, Quedlinburg

Von einem Durchbruch kann keine Rede sein, und auch ein Kompromiss ist noch nicht gefunden. Deshalb will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der strittigen Frage der sogenannten Ankerzentren für Flüchtlinge nun auf jedes Bundesland einzeln zugehen. "Wir haben eine konsensualen Beschluss gefasst, in dem ich aufgefordert wurde, die Dinge zu konkretisieren", sagte Seehofer am Freitag beim Abschluss der Innenministerkonferenz in Quedlinburg. "Wir müssen schauen, wo brauchen wir weitere Optimierungen und Ergänzungen." Im Gegenzug erklärten die Bundesländer sich grundsätzlich bereit, sich an der Ausarbeitung der Zentren zu beteiligen.

"Die Ankerzentren sind vereinbart, und wir sind jetzt dabei, sie umzusetzen", sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) in Quedlinbug. Die Länder begrüßten insbesondere die Zusage des Bundesinnenministers, sie stärker bei Rückführungen zu unterstützen. Gemeint war die Ankündigung von Horst Seehofer, dass der Bund künftig die Beschaffung von Passersatzpapieren in Herkunftsländern übernimmt, wenn eine Abschiebung an fehlenden Papieren scheitert. Bisher ist das die Aufgabe der Ausländerbehörden der Länder. "Ich habe auch zugesagt, dass der Bund sich verstärkt bei den Rückführungen, zum Beispiel durch Charterflüge, engagieren wird", sagte Seehofer. Dies gelte insbesondere für Abschiebungen in Anrainerländer der EU nach dem Dublin-Abkommen.

Seit Monaten wird zwischen Seehofer und den Innenministern der Länder über die "Ankerzentren" diskutiert. Der Begriff steht für "Ankunfts- Entscheidungs- und Rückführungszentrum". Dort sollen nach den Plänen des Bundesinnenministers künftig alle Asylbewerber nach ihrer Ankunft in Deutschland identifiziert und untergebracht werden, bis klar ist, ob sie Chancen haben, im Land zu bleiben. Seehofer will das gesamte Asylverfahren in den Zentren abwickeln lassen, um es zu beschleunigen. Wer gute Aussichten hat, bleiben zu dürfen, soll von dort auf Kommunen verteilt werden. Für Menschen mit schlechter Bleibeperspektive soll in den Zentren Residenzpflicht gelten, um sie möglichst direkt abzuschieben. Integrationsmaßnahmen sind nicht vorgesehen. So will Seehofer die Zahl der Rückführungen deutlich steigern.

Aus den Ländern allerdings kam bisher wenig Zuspruch für Seehofer. Nur Bayern und Sachsen haben ihm bislang unmissverständlich Unterstützung zugesichert. Nordrhein-Westfalen zeigte sich skeptisch. Statt den Druck auf die Länder weiter zu erhöhen, die für die "Ankerzentren" verantwortlich sein sollen, müsse die Bundesregierung Abschiebehindernisse in Herkunftsländern beseitigen, hieß es dort. Aus Hessen war zu hören, man habe schon ein vorbildliches System der Erstaufnahme von Flüchtlingen. Der Bund könne es gern übernehmen, Änderungsbedarf sehe man nicht. Ähnliche Töne kamen aus Baden-Württemberg. Auch Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Innenminister Lorenz Caffier hatte vor der Innenministerkonferenz Bedenken angemeldet, desgleichen Niedersachsen Innenminister Boris Pistorius (SPD).

Grundsätzlich geändert hat sich an dieser Lage auch nach dem Treffen in Quedlinburg nichts. Dem Vernehmen nach gab es zwischen Seehofer und den Länderinnenministern am Donnerstagabend erhebliche Verstimmung. Seehofer habe zunächst seine Zustimmung zu dem Kompromisspapier verweigert, in dem die Länder ihn aufforderten, erst einmal Details über die Ankerzentren vorzulegen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Am Freitagmorgen habe er dann doch zugestimmt. Man werde nun sehen, ob und wie die Zentren beitragen könnten, Asylverfahren zu beschleunigen, hieß es von Seiten der Länder.

© SZ vom 09.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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