Flüchtlingspolitik:Amt in Not

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) kommt nicht aus den Schlagzeilen. Es wäre am Bundesinnenminister, sich zu kümmern. Der aber war bisher damit beschäftigt, gegen den Islam zu sticheln.

Von Ferdos Forudastan

Wenn etwas sich dazu eignet, Zweifel an der Aufnahme von Flüchtlingen zu nähren und ihren Kritikern in die Hände zu spielen, dann sind es Vorgänge wie die in Bremen: Erst gerät die ehemalige Leiterin der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in den Verdacht, zu Unrecht vielen Menschen Schutz gewährt zu haben. Dann behauptet ihre Nachfolgerin, die Zentrale des Bamf in Nürnberg habe fragwürdige Geschehnisse in der Hansestadt stillschweigend hingenommen. Und nun wird diese Frau eilends nach Bayern versetzt, was Spekulationen ins Kraut schießen lässt, da solle eine Kritikerin bestraft werden. Zwar sind weder die Vorwürfe gegen die frühere Leiterin bewiesen, noch ist klar, ob die Bamf-Zentrale wirklich weggeguckt hat. Trotzdem wirft die Affäre ein weiteres Schlaglicht auf ein Amt, das seit Langem arg überfordert wirkt.

Die Zuwanderung sehr vieler Flüchtlinge vor bald drei Jahren war eine gewaltige Herausforderung für die Behörde. Diese Herausforderung ist mit den stark sinkenden Zahlen von Asylsuchenden kleiner geworden; verschwunden ist sie nicht. Die Mitarbeiter müssen Anträge von gut 10 000 Schutzsuchenden pro Monat prüfen und die Integration derer vorantreiben, die hierbleiben dürfen. Außerdem sitzen sie auf rund 50 000 alten Asylanträgen.

Als wäre das nicht genug, übt der Streit um Flüchtlinge mächtig Druck auf das Amt aus. Politik und Öffentlichkeit erwarten, dass es möglichst schnell über möglichst viele Fälle entscheidet. Dieser Erwartung unterwirft sich die Behörde und begeht dabei grobe Fehler. Ihre Leitung lässt zu, dass auch oberflächlich ausgebildete Beschäftigte im Schnelldurchgang über Asylanträge befinden. Deren Entscheidungen fallen oft so mangelhaft aus, dass viele Klagen vor Gericht dagegen erfolgreich sind. Das verzögert Verfahren, belässt viele Schutzsuchende länger als nötig in quälender Ungewissheit, verhindert Integration und schürt Vorbehalte gegen das Asylsystem.

Das Bamf mag sich neuerdings bemühen, Mitarbeiter besser zu schulen. Trotzdem beklagen Insider, dass ihnen noch immer zu wenig Zeit gelassen wird, Anträge sorgfältig zu prüfen. Hinzu kommt eine widersinnige Personalpolitik: Erst werden Hunderte befristet eingestellte Männer und Frauen zu Entscheidern und Integrationsexperten ausgebildet. Wenn die Frist abläuft, hat ein Teil von ihnen das Amt zu verlassen - und wird dann von neuen Mitarbeitern ersetzt, die man erst für den Job qualifizieren muss.

Der zuständige Minister war bisher damit beschäftigt, gegen den Islam zu sticheln

Gewiss, an diesem Missstand sind vor allem zuständige Politiker schuld, die dem Bamf weniger Dauerstellen bewilligen, als es bräuchte, um seiner wichtigen Aufgabe gerecht zu werden. Gegen das, was in der Behörde schiefläuft, würden mehr Mitarbeiter alleine allerdings nicht helfen. Hinzukommen müsste, dass die Amtsleitung um Jutta Cordt nicht nur aufs Tempo drückt. Sie müsste sich unter anderem dringend damit auseinandersetzen, warum auch gutwillige Beschäftigte Abläufe als undurchsichtig und Verfügungen von oben als willkürlich empfinden. Und sie müsste einen obersten Dienstherrn haben, der seine Aufgabe ernst nimmt. Dieser Dienstherr ist Bundesinnenminister. Er heißt Horst Seehofer und war bisher viel mehr damit beschäftigt, sich am Islam abzuarbeiten, als herauszufinden, weshalb das Bamf immer wieder in die Schlagzeilen gerät.

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