Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingslobby "Pro Asyl":Stets dagegen, oft unterlegen

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"Pro Asyl" hat in den vergangenen 25 Jahren seine Arbeit professionalisiert. Die Politik verschärfte immer wieder das Ausländerrecht, doch die deutsche Flüchtlingslobby blieb hartnäckig. Zunächst belächelt, hat die Organisation eine kleine Revolution errungen - für den schnellen Erfolg ist sie aber nichts.

Roland Preuß

Wer schnelle Erfolge sehen will, sollte nicht bei Pro Asyl anheuern. Der Blick auf die Arbeit der Frankfurter Flüchtlingsorganisation offenbart vor allem Niederlagen. Es kam einiges zusammen in den vergangenen 25 Jahren: Anfang der neunziger Jahre schränkte die Politik das Grundrecht auf Asyl ein, verschärfte immer wieder das Ausländerrecht und baute die Festung Europa aus. Pro Asyl war stets dagegen, doch stets unterlegen. Die Streiter für Flüchtlingsrechte rangierten als eine Art Partei Bibeltreuer Christen unter den Verbänden, irgendwie präsent und prinzipienfest, aber von der Politik weitgehend missachtet.

Doch das ist nicht das ganze Bild. Zu seinem 25. Jubiläum, das Pro Asyl an diesem Wochenende feiert, kann Geschäftsführer Günter Burkhardt eine andere Bilanz aufmachen: Dank der Lobbyarbeit haben viele Flüchtlinge Schutz und Chance in Deutschland erhalten, sei es, weil sie zu den Zigtausenden Asylsuchenden zählten, die Pro Asyl beraten hat, sei es, weil sie aufgrund einer sogenannten nichtstaatlichen Verfolgung bleiben durften. Dafür hatten Burkhardt und seine Mitstreiter jahrelang getrommelt, die schwarz-rote Bundesregierung schrieb es 2005 ins Gesetz. Seither können sich Flüchtlinge nicht nur auf die Verfolgung durch Regierungen berufen, sondern beispielsweise auch durch Milizen.

Es war eine kleine Revolution im Asylrecht. "Und wir haben das Bewusstsein geschärft, dass Menschen, die lange hier leben, nicht abgeschoben werden dürfen", sagt Burkhardt. Kampagnen gaben den Abschiebekandidaten ein Gesicht, Pro Asyl fand prominente Fürsprecher. In Umfragen freilich erreichte Pro Asyl mit seinen Vorstellungen von großzügigen Asylregeln nie eine Mehrheit.

Früher Sektierer in Wollpullis, heute Respektträger

Selbst für die schwarz-gelbe Bundesregierung ist Pro Asyl inzwischen zu einer respektierten Stimme gereift. Wo die Flüchtlingsvertreter einst wahrgenommen wurden wie Sektierer in Wollpullis, trotzen sie heute Respekt ab: Der Verein ist längst professionalisiert, die gut 20 Mitarbeiter der Geschäftsstelle befeuern eine üppige Internetseite, sie betreiben Online-Kampagnen, und Pro-Asyl-Anwälte erstreiten grundlegende Urteile. Dies ist der Weg, der sich als der erfolgreichste erwiesen hat.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagt, "ohne hartnäckige Recherchen" von Pro Asyl wären die "unhaltbaren Zustände in griechischen Auffanglagern nicht so umfassend und genau dokumentiert" vor den Europäischen Gerichtshof gelangt. "Bleiben Sie unbequem!" Dieser Bitte kommt Burkhardt gerne nach. Mit den jetzigen Asylgesetzen "verhält sich die Bundesrepublik menschenrechtswidrig", sagt er. Die Gerichte dürften viele Abschiebungen nicht stoppen. "Diese Kontrolle aber muss in einem Rechtsstaat garantiert sein."

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Quelle:
SZ vom 03.09.2011
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