Flüchtlingskrise:Kirchen befürchten Europas "Renationalisierung"

35 evangelische, katholische und orthodoxe Bischöfe und Kirchenchefs aus 20 Ländern beraten in München über den korrekten Umgang mit Flüchtlingen.

Von Matthias Drobinski

Die Flüchtlingskrise wird Europa verändern, da waren sich die 35 evangelischen, katholischen und orthodoxen Bischöfe und Kirchenchefs aus 20 Ländern zwischen Schweden und dem Nahen Osten einig, die sich am Donnerstag in München trafen. Die Krise ist aber auch Herausforderung, gar Chance. Gegen die Ängste in der Bevölkerung und die "Atemlosigkeit" in der Politik müssten die Christen das "Narrativ der realistischen Hoffnung setzen" sagte Antje Jackélen, die evangelische Bischöfin aus Uppsala in Schweden, vor Journalisten. Das große Engagement für die Ankömmlinge habe "aus vielen Konsumenten wieder Bürger" gemacht.

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm aus München sagte, die Erinnerung an den "Honeymoon" der Willkommensfeste müsse nun für die Integrationsarbeit genutzt werden. Die Kirchen setzten sich dafür ein, dass Flüchtlinge menschlich behandelt würden und dass ein Land nicht die Verantwortung auf das andere schiebe - diese "Renationalisierung" in Europa bereite ihm Sorge. Auch Metropolit Gabriel von Nea Ionia und Filadefia in Griechenland appellierte an die Solidarität Europas - täglich kämen in seinem Bistum bis zu 6000 Menschen an, die mit Essen und Trinken versorgt würden - "wir tun, was wir können", sagte er.

Die Kirchenvertreter vereinbarten, enger zu kooperieren und politisch für eine humane Behandlung der Flüchtlinge einzutreten. Meinungsverschiedenheiten gab es in den nicht öffentlichen Beratungen über die Haltung zum Islam: Die europäischen Vertreter sehen in den neu ankommenden Muslimen auch eine Chance für den interreligiösen Dialog. Die Teilnehmer aus dem Nahen Osten klangen skeptischer.

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