Flüchtlingskrise:EU will mit Türkei-Gipfel die Zahl der Asylsuchenden verringern

President of the European Council Donald Tusk in Sweden

"Rennen gegen die Zeit": EU-Ratspräsident Donald Tusk will Schengen erhalten.

(Foto: dpa)
  • Grenzkontrollen in Europa nehmen zu - EU-Ratspräsident Donald Tusk warnt vor einem Ende des Schengen-Systems.
  • Schon bald soll ein EU-Gipfel mit der Türkei stattfinden.

Von Daniel Brössler, Brüssel, und Thomas Kirchner, Valletta

In der Europäischen Union wächst nach der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an der Grenze Schwedens die Sorge um eine der zentralen Errungenschaften der europäischen Einigung.

"Das Schengen-System zu erhalten, ist ein Rennen gegen die Zeit, und wir sind entschlossen, es zu gewinnen", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag bei einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in der maltesischen Hauptstadt Valletta. Das Schengen-System regelt das freie Reisen ohne Grenzkontrollen zwischen den beteiligten Staaten.

Schweden folgt mit seiner Entscheidung dem Beispiel Deutschlands, Österreichs und Sloweniens. Sie machen angesichts massenhafter Wanderungsbewegungen von der Möglichkeit Gebrauch, in Ausnahmesituationen zeitweise Kontrollen an den Binnengrenzen durchzuführen. Sollte es nicht gelingen, den unkontrollierten Zustrom von Flüchtlingen zu stoppen, steht nach Einschätzung zahlreicher europäischer Spitzenpolitiker das Schengen-System insgesamt auf dem Spiel.

Der einzige Weg zur Rettung des kontrollfreien Reisens sei, "das umzusetzen, was wir in den vergangenen Monaten beschlossen haben", sagte Tusk. "Vor allem geht es darum, die Außengrenzen zu schützen. Sonst kann Schengen nicht überleben", warnte er. Dazu gehörten die Kooperation mit Transit- und Herkunftsländern sowie die Verteilung von Flüchtlingen. Das alles müsse aber "ohne Panik" geschehen.

Aktionsplan mit afrikanischen Staaten vereinbart

"Wir müssen wissen, wer nach Schweden kommt", begründete Schwedens Regierungschef Stefan Löfven die Wiedereinführung der Grenzkontrollen. Das Land hat unter allen EU-Staaten im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl bisher am meisten Flüchtlinge aufgenommen.

Es kündigte nun zunächst für den Zeitraum von zehn Tagen stichprobenweise Ausweiskontrollen an. Überprüft wird, wer aus Deutschland und Dänemark kommt. Betroffen sind der Auto- und Zugverkehr über die Öresundbrücke und die Fährverbindungen zwischen Dänemark, Deutschland und Schweden. Sein Land halte sich an EU-Regeln, betonte Löfven.

Besondere Hoffnungen richten sich auf die Türkei. Durch verstärkte Zusammenarbeit mit Ankara will die EU die Zahl der über Griechenland einreisenden Flüchtlinge verringern.

Ende November oder Anfang Dezember werde ein EU-Türkei-Gipfel stattfinden, bestätigte Kanzlerin Angela Merkel in Valletta. Es bleibe bei den drei Milliarden Euro Finanzhilfe, die die Türkei für die Versorgung von Flüchtlingen in den kommenden zwei Jahren erhalten solle. 500 Millionen sollen laut Merkel aus dem EU-Haushalt kommen, der Rest von den Mitgliedstaaten.

Außerdem stelle die EU eine schnellere Visa-Liberalisierung und die Eröffnung eines weiteren Kapitels bei den Beitrittsverhandlungen in Aussicht. Aus der EU-Kommission verlautete, es gebe Fortschritte beim Aktionsplan, der mit Ankara vereinbart wurde. Auch mit Jordanien und dem Libanon solle gesprochen werden, sagte Merkel.

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