Flüchtlingsdeal:"Das ist die Türkei"

Lesezeit: 2 min

Drohgebärden: Der türkische Präsident bei seiner Rede auf dem UN-Nothilfegipfel in Istanbul. (Foto: Sedat Suna/dpa)

Präsident Erdogan droht der Europäischen Union keine Flüchtlinge mehr zurück zu nehmen.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan droht offen, den Flüchtlingsdeal zwischen seinem Land und der Europäischen Union platzen zu lassen. Zum Abschluss des UN-Nothilfegipfels in Istanbul erklärte Erdoğan, nur wenn auf der einen Seite die Verhandlungen über die angestrebte Visafreiheit für türkischen Bürger Fortschritte machten, werde die Türkei andererseits das Abkommen zur Rückführung von Flüchtlingen weiter umsetzen. Im März hatten sich die EU und die Türkei darauf verständigt, dass Ankara Flüchtlinge zurücknimmt, die jetzt noch Europa erreichen. Dies ist das Kernelement der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel. Sie hatte diesen Mechanismus maßgeblich mit der Türkei ausgehandelt. Derzeit führt er dazu, dass kaum noch Flüchtlinge in Deutschland ankommen.

Der Präsident lehnt eine Reform des Anti-Terror-Gesetzes ab

Die volle Umsetzung des Flüchtlingsabkommens bereitet aber große Schwierigkeiten. Im Gegenzug ist der Türkei visafreies Reisen in Aussicht gestellt worden. Dieser lang gehegte Wunsch der Türken sollte bereits im Juli in Erfüllung gehen. Die Europäische Union verlangt als eine von 72 Bedingungen, dass die Türkei ihre Anti-Terror-Gesetze der EU anpasst. Dies lehnt Erdoğan jedoch ab. Merkel hatte am Montag am Rande des UN-Gipfels mit Erdoğan über die Differenzen gesprochen und klar gemacht, dass die Türkei die Gesetze reformieren müsse. Sonst könne es keine Visafreiheit geben. Zugleich hatte sie den Willen geäußert, trotz dieser ungelösten Streitfrage im Gespräch zu bleiben und das übrige Abkommen zu retten. Es sei absehbar, dass die Visafreiheit nicht wie geplant im Juli kommen werde, sagte Merkel in Istanbul. Man müsse nun "alles daransetzen, weiter im Gespräch zu bleiben".

Mit seiner Äußerung verschärft Erdoğan den Streit. Der Präsident sagte am Dienstag nach der offiziellen Übersetzung auf dem Gipfel: "Wenn die Gespräche ertragreich sind, gut. Wenn nicht, dann wird ein Schritt im türkischen Parlament unternommen werden müssen, und das Gesetz zur Implementierung des Rücknahmeabkommens wird nicht ratifiziert werden." Die im EU-Flüchtlingspakt vereinbarte Rücknahme von illegalen Migranten läuft derzeit auf Grundlage eines Abkommens zwischen der Türkei und Griechenland und erstreckt sich auf die griechischen Ägäis-Inseln. Ab dem 1. Juni sollte die Rücknahme auf der Basis des Rücknahmeabkommens zwischen der EU und der Türkei abgewickelt werden.

Der Staatschef sagte weiter mit Blick auf die EU: "Sie sollen uns nicht ständig Kriterien aufzwingen." Das könne man nur bis zu einem gewissen Punkt tolerieren und bis zu einem gewissen Punkt aushalten. "Das ist die Türkei." Irgendwann sehe sich sein Land gezwungen, einen Entschluss zu fassen. "Dann sagen wir: Denkt doch Ihr jetzt nach."

© SZ vom 25.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: