Die Zahl der Abschiebungen hat im ersten Halbjahr 2016 bundesweit deutlich zugenommen. Fast alle Länder steigerten die zwangsweisen oder überwachten Rückführungen abgelehnter Asylbewerber, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Deutlich zugenommen haben auch die freiwilligen und bezahlten Ausreisen ehemaliger Asylbewerber.
Die meisten Menschen wurden aus Sachsen abgeschoben. Mit 2245 übertraf die Zahl der Abschiebungen die des ersten Halbjahres 2015 um mehr als das Vierfache. Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte als Reaktion auf die Zahlen, Sachsen bleibe beim Thema Abschiebung "konsequent". Die ausstehende Entscheidung des Bundesrats über die Einstufung der Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer, die die Abschiebung abgelehnter Bewerber erleichtern würde, nannte Ulbig ein längst überfälligens Zeichen.
Das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen nahm für sich in Anspruch, mit 2167 Abschiebungen allein in den ersten fünf Monaten das bundesweite Ranking anzuführen. Zwar rangiert das einwohnerstärkste Bundesland damit in absoluten Zahlen hinter Sachsen, allerdings lagen in Düsseldorf nur Zahlen aus den ersten fünf Monaten vor. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ergab sich ein Anstieg von 38 Prozent.
Mehrheit der aus Hamburg Abgeschobenen trat Rückreise selbständig an
Hamburg schob in den ersten sechs Monaten mit 2066 Männern, Frauen und Kindern ebenfalls mehr als vier Mal so viele Ausreisepflichtige ab. Der Großteil von ihnen, nämlich 1605, trat seine Reise nach Angaben des Einwohner-Zentralamts selbständig, aber unter Überwachung an. Nur 419 seien in ihre Heimatländer abgeschoben, weitere 42 zwangsweise in jene Drittstaaten zurückgeschickt worden, aus denen sie gekommen waren.

Entscheidung im Bundesrat:So sicher sind Tunesien, Algerien und Marokko
Der Bundesrat muss entscheiden: Sind die Maghreb-Staaten sichere Herkunftsländer? Flüchtlinge von dort hätten dann kaum Chancen auf Asyl. NGOs berichten von schweren Menschenrechtsverletzungen in den Ländern.
Knapp 2000 Abschiebungen wurden im ersten Halbjahr in Bayern vollzogen - fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. "Unser Asylsystem trägt auf Dauer nur, wenn wir nicht nur anerkennen, sondern im Falle einer Ablehnung genauso konsequent zurückführen", kommentierte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Zahlen.
Mehr als 1000 Abschiebungen gab es in diesem Jahr auch in Baden-Württemberg (1730), Niedersachsen (1441), Berlin (1068) und Hessen (1016). Vergleichsweise wenige Rückführungen wurden demnach im Saarland (86) und Brandenburg (60 im ersten Quartal) vollzogen.
Mehr sogenannte geförderte freiwillige Ausreisen
Deutlich zugenommen haben auch die sogenannten geförderten freiwilligen Ausreisen. Allein in Nordrhein-Westfalen nahmen in diesem Jahr 8356 Rückkehrer ein bundesweites Hilfsprogramm in Anspruch. In 2652 weiteren Fällen organisierte und finanzierte das Land die Ausreise in die Heimat. "Die freiwillige Ausreise ist die bessere Lösung - für alle Beteiligten. Dazu beraten wir die Menschen. Und die steigenden Zahlen geben uns recht", sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD). Viele freiwillige Ausreisen gab es im ersten Halbjahr auch in Bayern (6200), Hessen (4234) und Niedersachsen (4605).