Flüchtlinge:Wie die EU Alternativen zur Balkanroute dichtmachen will

Refugees situation in Idomeni

Mit Polizei und Zäunen hat Mazedonien seine Grenze zu Griechenland abgeriegelt, die Balkanroute ist dicht. Die Flüchtlinge werden sich andere Wege suchen.

(Foto: dpa)

Die Balkanroute ist abgeriegelt. Nun fürchten Italien und Bulgarien, zu Durchgangsländern für viele Flüchtlinge zu werden.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Nach der Schließung der Balkanroute richtet die EU ihren Blick auf mögliche Ausweichwege der Flüchtlinge. Viele Migranten könnten nun versuchen, von Libyen aus über das Mittelmeer nach Italien zu gelangen. Das war bis 2015 die zentrale Route, bei der Überfahrt ertranken Tausende Menschen.

"Wir sind mit den Italienern im Gespräch, dass wir dort frühzeitig eine Situation wie auf der Balkanroute vermeiden", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Donnerstag in Brüssel bei einem Treffen der EU-Innenminister. In EU-Kreisen hieß es, die Anstrengungen müssten darauf gerichtet werden, eine Einheitsregierung im zerfallenen Staat Libyen zu schaffen, die Ansprechpartner für Einsätze vor der libyschen Küste sein könnte.

Der Italiener Angelino Alfano kündigte an, auch mit Albanien zu sprechen. Alle Möglichkeiten sollten ausgeschöpft werden, um illegale Migration zu verhindern. Albanien grenzt im Nordwesten an Griechenland und könnte nach Schließung der mazedonisch-griechischen Grenze ein alternatives Transitland werden. Von dort aus könnten Flüchtlinge versuchen, mit Schiffen über die Adria nach Italien zu gelangen oder auf dem Landweg in Richtung Norden zu reisen. Auch Bulgarien befürchtet, verstärkt Transitland zu werden. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks waren 93 Prozent der Flüchtlinge, die im Februar in Griechenland angekommen sind, vor Krieg und Extremismus in Syrien, Afghanistan und dem Irak geflohen.

Auf der Balkanroute ist vorerst kein Durchkommen mehr

Zuvor hatte nach Mazedonien, Serbien und Slowenien auch Kroatien seine Grenze für Menschen ohne gültige Pässe und Visa geschlossen. Die Minister machten deutlich, dass es auf diesem Weg vorerst kein Durchkommen mehr gebe. Das größte Problem sei, dass die Flüchtlinge immer noch Hoffnungen hätten und diese ständig genährt würden, sagte die Österreicherin Johanna Mikl-Leitner.

Allerdings dauerte der Streit über die Grenzschließungen an. Während Mikl-Leitner ankündigte, ihr Land werde so lange wie nötig an nationalen Kontrollen festhalten, kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Österreichs "einseitige Entscheidung". Auf diese Weise kämen zwar weniger Flüchtlinge, aber dafür gerate Griechenland in eine schwierige Lage, sagte sie im MDR. "Deshalb setze ich mich für eine wirklich europäische Lösung ein." Nach Angaben des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) liegt die Zahl der Flüchtlinge, die im Moment in Bayern ankommen, bei weniger als 500 am Tag.

Die Innenminister besprachen in Brüssel auch weitere Schritte nach der Grundsatzeinigung, die am Montag mit der Türkei erzielt worden war. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein, äußerte Vorbehalte gegen die geplante EU-Zusammenarbeit mit Ankara. Mögliche "kollektive und willkürliche Abschiebungen" von Flüchtlingen in die Türkei seien "illegal", sagte er. Einreisebeschränkungen ohne Feststellung der Umstände jedes Einzelnen seien eine "Verletzung internationalen und europäischen Rechts". Allerdings sollen die aus Griechenland abzuschiebenden Flüchtlinge zuvor sehr wohl die Möglichkeit erhalten, Asyl zu beantragen.

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