Flüchtlinge - Upahl:Landkreise fordern Begrenzung der Flüchtlingszahlen

Demonstrationen
„Angst um Upahl“ steht auf einem Schild nahe dem Ortseingang von Upahl. Foto: Jens Büttner/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Schwerin/Upahl (dpa/mv) - Nach den Protesten gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft im mecklenburgischen Upahl sieht der Landkreistag die Aufnahmekapazität ausgereizt. "Das Problem sind nicht die geflüchteten Menschen aus der Ukraine", sagte der Vorsitzende des MV-Landkreistages, Heiko Kärger (CDU), am Montag in Neubrandenburg. Allerdings habe die Zahl der zugewiesenen Zuwanderer aus anderen Krisengebieten, die unter anderem über die Balkanrouten kommen, stark zugenommen. Das müsse vernünftig gesteuert werden - wie 2015.

Am Wochenende hatte auch Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Franz-Robert Liskow eine spürbare Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland angemahnt. "Bund und Land wälzen die immer weiter ansteigende Zahl an Migrantinnen und Migranten auf die Kommunen ab, die mit mangelnden Unterbringungskapazitäten an die Grenze der Belastungsfähigkeit gebracht werden", sagte er. Auch der Landrat des betroffenen Kreises Nordwestmecklenburg, Tino Schomann (CDU), forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Diese müsse begrenzen und steuern, die illegale Migration stoppen und eine Abschiebeoffensive starten, um auch Kapazitäten freiwerden zu lassen.

Auch die AfD sieht Handlungsbedarf: Der migrationspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Jan-Phillip Tadsen, mahnte insbesondere die konsequente Abschiebung geduldeter Personen an. Er verwies auf eine Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei im Landtag, wonach laut dem Ausländerzentralregister zum Ende des vergangenen Jahres (Stichtag 30. November) 4801 Menschen ausreisepflichtig waren. Den Angaben nach waren 4242 geduldet, 559 nicht.

Im vergangenen Jahr kamen nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge rund 5000 Asylsuchende nach Mecklenburg-Vorpommern, fast eine Verdopplung im Vergleich zum Jahr davor. Der erhöhte Platzbedarf liegt begründet im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Mecklenburg-Vorpommern nahm laut Innenministerium im Vorjahr auch mehr als 22.000 Flüchtlinge aus der Ukraine auf. Im Jahr 2015 mussten in Mecklenburg-Vorpommern der zuständigen Behörde zufolge rund 23.000 Geflüchtete versorgt werden.

In Upahl sticht vor allem das Verhältnis ins Auge: Der Ort hat 500 Einwohner, die Gemeinde mit allen Ortsteilen 1600 Einwohner. Dort soll eine Container-Unterkunft für 400 Menschen entstehen. Hintergrund der Entscheidung ist, dass aktuell als Notunterkünfte genutzte Turnhallen wieder frei werden sollen. Nach der Entscheidung des Kreistags am vergangenen Donnerstag sind die Verträge zum Bau laut Kreis bereits unterzeichnet: "Die Bauarbeiten sollen so schnell wie möglich beginnen".

Bei der Entscheidung - die dem Kreistagsbeschluss vorausging - sah sich das Landratsamt laut Angaben des Kreises wegen der hohen Zahl der Ankommenden unter Zugzwang: Die Container mussten demnach bestellt werden und eine alternative, praktikable, langfristig nutzbare Fläche stand zu diesem Zeitpunkt nicht zur Auswahl. Insgesamt sieht sich der Kreis überfordert: "Dabei geht es weniger um Geld als um die notwendige Infrastruktur, allen voran Unterkünfte, aber auch die Verfügbarkeit von Betreuungspersonal", hieß es.

Die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats Mecklenburg-Vorpommern, Ulrike Seemann-Katz, forderte, dass die Zahl untergebrachter Geflüchteter in einem angemessenen Verhältnis zur Einwohnerzahl stehen müsse. In kleineren Orten plädierte sie für eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen.

Gleichzeitig warnte Seemann-Katz davor, dass Argumente vom rechten Rand nacherzählt werden. "Der Staat und die Kommunen dürfen nicht vor menschenfeindlichen Argumenten einknicken." Sie rief die Verantwortlichen zudem dazu auf, auf ihre Wortwahl zu achten, wenn sie von praktischen Herausforderungen bei der Unterbringung Geflüchteter sprechen.

Andernfalls könne der Eindruck entstehen, dass die Aufnahme von Menschen grundsätzlich infrage gestellt wird: "Wer von Zwang, Überforderung oder zu hohen Kosten spricht, ruft diejenigen auf den Plan, denen Internationales Recht wie die Genfer Flüchtlingskonvention ebenso egal ist wie die Würde des Menschen." Auch lasse das Delegieren von Verantwortung an andere politische oder behördliche Ebenen die eigene Position im Unklaren.

Unterstützung kam von der Linksfraktion: "Wir sind verpflichtet, Geflüchtete aufzunehmen, es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie", betonte die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Steffi Pulz-Debler. Sie appellierte zudem daran, Fluchtursachen zu erkennen und zu bekämpfen.

© dpa-infocom, dpa:230130-99-412128/4

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