Süddeutsche Zeitung

Ausländerrecht:Seehofer arbeitet munter weiter daran, Migranten loszuwerden

Die Zusage des Innenministers, Italien und Griechenland mit den Flüchtlingen nicht mehr im Stich zu lassen, war Augenwischerei.

Kommentar von Constanze von Bullion, Berlin

Als Horst Seehofer (CSU) kürzlich ankündigte, den Mittelmeerländern der Europäischen Union Flüchtlinge abzunehmen, die aus Seenot gerettet werden, gab es mächtig Applaus. Italien und Griechenland nicht mehr allein zu lassen mit der Hauptlast der Migration, das war eine überfällige humanitäre Geste. Die Übernahme einer Handvoll Schiffbrüchiger aber verstellt den Blick darauf, dass Seehofer munter weiter daran arbeitet, Migranten loszuwerden, durch Veränderungen am Aufenthaltsgesetz und zu Lasten Dritter, der Mittelmeerländer. Die Zusage, ihnen zügig beizuspringen, war Augenwischerei.

Denn während das Publikum Bundesinnenminister Seehofer noch lobte, verschärfte er die Kontrollen an allen deutschen Grenzen. Damit sollen abgewiesene Asylbewerber an der Wiedereinreise gehindert werden. Geht es nach Seehofer, soll der Verstoß gegen eine Wiedereinreisesperre offenbar sogar ein eigener Haftgrund werden: Man wolle nicht, dass abgeschobene Straftäter wie Clanchef Ibrahim Miri wieder in Deutschland auftauchen. Klingt legitim, denn Clankriminelle verdienen keine Milde. Nur führt die Begründung in die Irre.

Ein Gesetz nur für Clanchefs wird es nie geben. Kommt Seehofers Gesetzesverschärfung, dann gilt sie für alle. Die große Mehrheit der Migranten aber, die da zurückgewiesen werden, sind Dublin-Flüchtlinge. Weil sie die EU zuerst am Mittelmeer betreten haben, sind Länder wie Italien oder Griechenland für sie zuständig. Seehofer mag das absurde Dublin-System kritisieren, er nutzt es auch rücksichtslos aus. Weg von unserer Tür, haut ab, nach Süden - das sind da die Losungen. Krokodilstränen über überlastete Mittelmeeranrainer kann Seehofer sich sparen.

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Quelle:
SZ vom 07.12.2019/fued
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