Flüchtlinge:Schlechte Aussichten

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Seitdem die Balkanroute gesperrt ist, kommen immer mehr Migranten über die zentrale Mittelmeerroute - die meisten aus dem subsaharischen Afrika. Dabei hat aber ein großer Teil dieser Bootsflüchtlinge keine Chance, in Europa bleiben zu dürfen.

Von Andrea Bachstein, München

Noch liegt Griechenland in der Statistik an der Spitze bei der Zahl von Flüchtlingen, die dieses Jahr über das Mittelmeer nach Europa kommen. 331 000 waren es über den Seeweg bisher (2015 mehr als eine Million). 169 000 von ihnen überquerten das östliche Mittelmeer nach Griechenland. Demnächst dürfte Italien den Spitzenplatz übernehmen, nach jüngsten UNHCR-Zahlen sind dort nun 157 000 Menschen gelandet.

Die Lage hat sich völlig geändert seit April, seit die Balkanroute als Transitweg praktisch gesperrt ist - für September meldet das UNHCR gerade 6300 neue Flüchtlinge in Serbien und 150, die noch an der ungarisch-serbischen Grenzen warten. Wichtigste Strecke ist also wie vor 2015 die zentrale Mittelmeerroute mit Ausgangspunkt Libyen. Seit Mai erreichen über sie im Monat 20 000 bis 24 000 Menschen Italien - in Griechenland landen noch 2000 bis 4000. Und nur ein Rinnsal ist im Vergleich der Zustrom übers Meer nach Spanien - 3800 Flüchtlinge bisher (Stand August).

Nicht nur der Weg hat sich geändert. Über Griechenland kamen vor allem syrische Bürgerkriegsflüchtlinge - 78 000 bisher - aus der Türkei, wo 2,7 Millionen Syrer leben. Über Libyen kommen nach Italien nun vor allem Afrikaner, sie machen 86 Prozent der Flüchtlinge dorthin aus, nur 577 Syrer verzeichnet Italien unter den Bootsflüchtlingen. Mit knapp 23 000 (Stand August) oder 19 Prozent sind Nigerianer die größte Gruppe. Doch außer Eritreern, Somaliern und Sudanesen haben die Afrikaner wenig Aussicht auf einen Asyl- oder anderen Schutzstatus. Die Kriterien sind im Prinzip EU-weit gleich. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nennt diese Anerkennungsquoten: Eritreer 94,3 Prozent, Somalier 71,5 Prozent, Sudanesen 32,1 Prozent, Guineer 12,9 Prozent, Nigerianer, 8,6 Prozent. Gambier 7,2 Prozent, Flüchtlinge aus Mali, Senegal und Ghana haben Schutzquoten von deutlich unter vier Prozent. Die deutsche Schutzquote liegt insgesamt bei rund 63 Prozent.

Wie viele Menschen bisher 2016 nach Deutschland kamen, kann auch das Bundesinnenministerium nur mit Einschränkung sagen. Es sind viel weniger als vergangenes Jahr, aber es gibt viel mehr Asylanträge. Nur deren Zahl weiß man genau, bis September 657 855, aber viele Antragsteller waren schon vor 2016 im Land. 250 000 von ihnen waren Syrer, 115 000 Afghanen, 89000 Iraker.

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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