Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Postbeamte sollen über Asylanträge entscheiden

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Mehr als 770 000 unbearbeitete Anträge auf Asyl sollen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) liegen. Und täglich kommen Tausende neue Schutzsuchende nach Deutschland. Auf der Suche nach Mitarbeitern zielt das Bamf nun auf die Deutsche Post AG. Etwa 300 Beamte der Post sollen dem Bundesamt aushelfen, um die Entscheidungen über Asylanträge zu beschleunigen. Das geht aus einer Rundmail hervor, die der Bild am Sonntag vorliegt.

Darin würden Postbeamte aus dem gehobenen Dienst aufgerufen, für sechs bis zwölf Monate freiwillig zum Bamf zu wechseln, berichtet das Blatt. Dafür bekämen sie eine Brutto-Zulage von 119,05 Euro monatlich. Erwartet würden Konfliktfähigkeit und die Bereitschaft zum Schichtdienst zwischen sieben Uhr und 22 Uhr. Bevor die Postbeamten über Asylanträge entscheiden, sollten sie eine Schulung im Bamf-Qualifizierungszentrum bekommen.

Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, lobt das Vorgehen: "Es geht nicht um Postboten, sondern um Verwaltungsbeamte. Das ist nicht anrüchig. Entscheidend ist, dass ab Mai wirklich alle 7300 Bamf-Stellen und vor allem die 1800 Entscheider-Stellen besetzt sind. Nur so können die Asylverfahren endlich kürzer werden." Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise hatte im Innenausschuss des Bundestags zugesagt, bis Ende April alle offenen Stellen zu besetzen.

Wohnortpflicht für anerkannte Flüchtlinge?

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will anerkannten Flüchtlingen für eine bestimmte Zeit ihren Wohnort vorschreiben. Er halte eine Wohnortzuweisung für Flüchtlinge für "dringend geboten, um Ballungsräume von den Risiken einer Ghettobildung zu entlasten", sagte der Minister der Welt am Sonntag.

Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) äußerte Unterstützung für den Vorschlag. Eine Wohnortzuweisung für einen gewissen Zeitraum könne ein sinnvolles, ergänzendes Instrument sein, wenn es richtig ausgestaltet sei. Dabei sollte die Situation auf dem Wohnungsmarkt der jeweiligen Bundesländer eine wichtige Rolle spielen.

Auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Thomas Strobl (CDU) unterstützte de Maizière. Er sagte der Zeitung: "Integration funktioniert nicht, wenn sich Ghettos bilden." Große Städte dürften zudem nicht überfordert werden. Ausnahmen könne es nur geben, "wenn am Wunsch-Wohnort zwei Dinge vorhanden sind: ein existenzsichernder Arbeitsplatz und eine eigene Wohnung".

Nach der EU-Qualifikationsrichtlinie besitzen anerkannte Schutzberechtigte bestimmte Freizügigkeits- und Gleichbehandlungsrechte hinsichtlich von Sozialleistungen. Nach Informationen der WamS hat das Innenministerium bereits Eckpunkte für eine entsprechende Regelung im Aufenthaltsgesetz erarbeitet. Über die Verteilung von Flüchtlingen auf bestimmte Wohnorte sollen demnach die Bundesländer entscheiden.

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SZ/AFP/dpa/jasch
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