Flüchtlinge:Loch im Zaun

Flüchtlinge: Zäune erwarten die Migranten auch an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien.

Zäune erwarten die Migranten auch an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien.

(Foto: Robert Atanasovski/AFP)

Einige Österreicher wollen ihre Grundstücke nicht für die Grenzsperre abgeben. In Mazedonien kommt es zu Ausschreitungen am neuen Grenzzaun zu Griechenland.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Weil Österreich eine anständige Demokratie ist, wird der Bau eines Grenzzauns an der Grenze zu Slowenien nicht so leicht über die Bühne gehen wie geplant. Wenige Wochen nachdem sich die rot-schwarze Koalition in Wien grundsätzlich auf den Bau von Sperranlagen verständigt hat, um die ankommenden Flüchtlinge im Grenzort Spielfeld besser kanalisieren und kontrollieren zu können, sind die Vorarbeiten zwar im Gang. Grundsätzliches ist aber immer noch ungeklärt: die Zustimmung der Grundstückseigentümer etwa, die erst noch eingeholt werden muss.

Nicht jeder, der an der österreichischen Südgrenze lebt und in den vergangenen Wochen täglich Tausende Flüchtlinge in Richtung Norden ziehen sah, mag sich mit der insgesamt etwa vier Kilometer langen, zwischen zwei und vier Meter hohen Sperranlage abfinden oder gar seinen eigenen Grund und Boden dafür hergeben. Bis Jahresende soll der Zaun stehen. Rodungen und Planierungsarbeiten sind in Gang, die Sperre soll durch Wald, Wiesen und einige Weinberge verlaufen. Von diesem Montag an wird in Spielfeld am Grenzübergang ein neuer Eingangsbereich gebaut - und die ersten Bürgerversammlungen sind auch bereits abgehalten worden. Aber: Einige Anwohner, darunter der ehemalige VW-Vorstandschef Bernd Pischetsrieder, stehen der Sache skeptisch gegenüber. Sie wollen ihren Grund nicht an den Bund verpachten oder vermieten, nicht einmal auf Zeit. Mehrere Anlieger haben ihr Veto eingelegt, wie der Kurier berichtet; nun will man die Betroffenen in Einzelgesprächen weichklopfen.

Das Pikante: Es kommen immer weniger Flüchtlinge in Spielfeld an. Die Notwendigkeit einer Sperranlage steht zumindest derzeit infrage. Nach Behördenangaben sind am Wochenende knapp 2000 Menschen an der österreichisch-slowenischen Grenze registriert und sofort über Kärnten nach Norden transportiert worden. Bad Rakersburg, ein zweiter Grenzübergang, meldete gar keine Ankünfte. Womöglich wird durch die sinkende Zahl und den damit sinkenden Versorgungs- und Verwaltungsdruck die Debatte über den Grenzzaun neu belebt - nicht nur in Spielfeld selbst.

Dass immer weniger Flüchtlinge in Österreich ankommen, hat mehrere Gründe. Die haben zum Teil mit dem Wetter, vor allem aber mit der Türkei und mit der Balkanroute zu tun. So hat die mazedonische Polizei am vergangenen Wochenende mit dem Bau eines Zauns an der Grenze zu Griechenland begonnen. Polizisten richteten rund drei Meter hohe Metallpfosten auf und spannten Maschen- und Stacheldraht, wie Nachrichtenagenturen melden. Mazedonien will sich nach eigenem Bekunden aber nicht abschotten. "Wir betonen, dass die Grenze offen bleibt", sagte ein Regierungssprecher. Der Zaun solle die Menschen zu Kontrollpunkten lenken, um sie zu registrieren und zu versorgen.

Griechenland beschwert sich über "eigenartige Sortierung" der Flüchtlinge durch Mazedonien

Seit etwa zwei Wochen lässt das Land, wie offenbar auch Serbien und Kroatien, nur noch Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan passieren. Andere werden als "Wirtschaftsmigranten" abgewiesen. Seitdem sitzen zahlreiche Menschen aus Iran, Pakistan, Nord- und Schwarzafrika in Griechenland oder im Niemandsland zwischen Griechenland und Mazedonien fest. Zuletzt war es an der mazedonischen Grenze zu Ausschreitungen gekommen, Hunderte hatten versucht, einen provisorischen Stacheldrahtzaun einzureißen. Einige warfen Steine auf die Grenzer, andere riefen: "Wir wollen nach Deutschland." Auslöser für den Gewaltausbruch war offenbar, dass sich ein Flüchtling bei dem Versuch, auf einen Zug zu klettern, einen Stromschlag und schwere Verbrennungen zugezogen hatte.

Die griechische Regierung zeigt sich empört über das Vorgehen der Mazedonier; Skopje betreibe eine "eigenwillige Sortierung" der Flüchtlinge und verstoße damit gegen die Grundregeln der Europäischen Union. Das EU-Land Slowenien hatte bereits Mitte November mit dem Bau von Sperranlagen zu Kroatien begonnen.

Die Vereinten Nationen warfen Mazedonien vor, Flüchtlinge auszusperren. Etwa 200 Menschen, darunter viele Flüchtlinge aus Iran, Bangladesch und Pakistan, waren dort in den Hungerstreik getreten. Viele harren in Zeltlagern aus. Menschenrechtler kritisieren, Staaten seien verpflichtet, Asylsuchende nicht nach der Nationalität, sondern nach ihrer persönlichen Situation zu beurteilen.

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