Mittelmeer:Italien soll Flüchtlinge nach Libyen zurückgebracht haben

Ein Flüchtlingsboot im Mittelmeer vor Libyen

Flüchtlingsboot vor Libyen: In den geschlossenen Flüchtlingslagern des Landes kommt es regelmäßig zu Menschenrechtsverletzungen.

(Foto: imago/Rene Traut)
  • Ein italienisches Schiff hat Medienberichten zufolge im Mittelmeer gerettete Migranten zurück nach Libyen gebracht.
  • Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen teilt mit, es werde den Fall prüfen.
  • Auf See gerettete Flüchtlinge müssen dem Seevölkerrecht zufolge in einen sicheren Hafen gebracht werden. Libyen ist nicht als solcher anerkannt.

Ein italienisches Schiff im Mittelmeer hat offenbar erstmals gerettete Bootsflüchtlinge zurück nach Libyen gebracht, ohne zuvor deren Anrecht auf Asyl zu prüfen. Das berichten italienische Medien. Die Asso 28 soll in der Nacht auf Dienstag im Rahmen einer von der libyschen Küstenwache koordinierten Rettungsaktion 108 Flüchtlinge von einem Schlauchboot an Bord genommen und in den Hafen von Tripolis gebracht haben, schreibt die italienische Tageszeitung La Repubblica. Das Schiff soll zu einer Ölplattform gehören.

Einzelheiten zur Rettung der 108 Menschen sind noch unklar. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen teilte mit, die Informationen in dem Fall würden geprüft: "Libyen ist kein sicherer Hafen und diese Handlung könnte internationales Recht verletzt haben."

Massenrückführungen ohne Asyl-Prüfung verstoßen gegen das Völkerrecht

Auf See gerettete Flüchtlinge müssen dem Seevölkerrecht zufolge in einen sicheren Hafen gebracht werden. Libyen ist nicht als solcher anerkannt, da es in den geschlossenen Flüchtlingslagern regelmäßig zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Überdies verstoßen Massenrückführungen ohne vorherige Prüfung des Anrechts auf Asyl gegen das Völkerrecht.

Libyen hatte Ende Juni eine eigene Such- und Rettungszone eingerichtet, die sich auch auf internationale Gewässer erstreckt. Dort ist nun die Rettungsleitstelle des Bürgerkriegslandes für die Koordination von Einsätzen zuständig und weist Schiffen einen Hafen zu.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini schrieb am Dienstag auf Facebook: "Die libysche Küstenwache hat in den vergangenen Stunden 611 Migranten gerettet und zurückgebracht. Die NGOs protestieren und die Schlepper verlieren ihr Geschäft? Gut so, wir werden so weitermachen!" Die italienische Küstenwache habe die Rettungseinsätze weder koordiniert noch daran teilgenommen.

Italien war 2012 wegen der Abschiebung von im Mittelmeer geretteten Afrikanern nach Libyen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Mit der Rückführung habe Italien diese Menschen der Gefahr unmenschlicher Behandlung ausgesetzt, hieß es in dem Urteil.

Inzwischen hat das Land, wie Malta, seine Häfen für private Seenotretter geschlossen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge steigt seitdem die Zahl der Toten im Mittelmeer. Im Juli zählte IOM 157 Tote, wobei 1815 Flüchtlinge Italien erreichten. Im Juli 2017 waren von 11 500 Menschen, die über das Mittelmeer nach Italien kamen, 68 Menschen gestorben.

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