Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge in Nepal:"Das zerstört die Seele"

Normales Leben in einer anormalen Welt: Seit Anfang der Neunziger Jahre leben Zehntausende Bhutanesen in Flüchtlingscamps in Nepal. Sie warten auf die Ausreise in ein Land, in dem sie sich frei bewegen können. Der britische Fotojournalist Martin Middlebrook hat Flüchtlinge in Beldangi besucht. Süddeutsche.de zeigt seine Bilder.

Normales Leben in einer anormalen Welt: Seit Anfang der 90er Jahre leben Zehntausende Bhutanesen in Flüchtlingscamps in Nepal. Sie warten auf die Ausreise in ein Land, in dem sie sich frei bewegen können. Das Königreich Bhutan hat 1992 nepalesischstämmige Bhutanesen vertrieben, die sich nicht von ihrer Sprache, ihrer Religion und ihren Traditionen trennen wollten. Noch heute leben viele von ihnen auf engem Raum in Flüchtlingslagern in Nepal. Am Samstag, 20. September, um 17.10 Uhr berichtet der britische Fotojournalist Martin Middlebrook auf Arte, was er in einem dieser Lager erlebt hat.

Das Flüchtlingslager Beldangi liegt nahe der Stadt Damak im Dschungel. "Es sieht schön aus, es gibt Essen, Medikamente, die Kinder gehen zur Schule", erzählt Middlebrook, der für ein Projekt des Fernsehsenders Arte mehrere Tage dort verbracht hat. "Alles geht hier seinen normalen Gang. Aber in einer anormalen Welt."

Alles, was die Kinder aus Beldangi von der Welt kennen, ist das Flüchtlingslager. Sie wurden hier geboren. Das Camp darf nur mit einer Sondergenehmigung verlassen werden. Bei Einbruch der Dunkelheit werden die Tore geschlossen.

Die Kinder besuchen im Camp eine Schule, doch Arbeit gibt es kaum. "Das zerstört doch die Seele, sein halbes Leben hier zu verbringen, ohne jeden Sinn", sagt Fotograf Middlebrook. "Tag für Tag nur rumzusitzen. Zwanzig Jahre Nichtstun."

Nahrungsmittel und Hygieneartikel werden streng rationiert ausgegeben. 400 Gramm Reis gibt es pro Person und Tag, 35 Gramm Mehl und 7,5 Gramm Salz. Eine fünfköpfige Familie hat das Recht auf zwei Stück Seife pro Monat.

Weil sie nicht nach Bhutan zurückkehren können und Nepal sie nicht aufnehmen möchte, werden die Menschen von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) nach und nach in aufnahmebereite Staaten wie die USA, Australien oder die Niederlande gebracht. Doch dafür müssen sie gesund sein, alte und kranke Menschen haben schlechte Karten. Was mit ihnen geschieht, wenn das Lager in wenigen Jahren geschlossen wird, weiß niemand.

Wer in ein anderes Land umsiedeln kann, reißt seine Hütte ab. An der Stelle bauen die anderen Bewohner später Gemüse an.

Arte hat 16 Künstlern die Gelegenheit gegeben, Flüchtlingslager in Nepal, im Irak, in Libanon und im Tschad zu besuchen und das Leben dort aus ihrem ganz persönlichen Blickwinkel zu zeigen. Martin Middlebrook ist einer von ihnen. Mehr dazu auf www.arte.tv/fluechtlinge.

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