Flüchtlinge in Deutschland:So können Sie helfen

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Ein Flüchtling wartet in dem Registrierungsbüro in Passau. Seine Nummer trägt er bereits am Handgelenk. (Foto: AFP)

Geld spenden, gemeinsam kochen - oder lieber Deutsch unterrichten? Wer Asylsuchende unterstützen möchte, hat viele Möglichkeiten. Aber nicht alles ist hilfreich.

Unterkünfte bereit stellen

Auch wenn die Privatunterbringung von Flüchtlingen je nach Bundesland anders gehandhabt wird - und für potenzielle Gastgeber oft eine Odyssee durch verschiedene Ämter bedeutet -, ist es durchaus möglich, einem Asylbewerber ein Zuhause zu geben. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man bei der zuständigen Behörde, meist dem örtlichen Sozialamt, Unterkünfte anbieten. Die Beamten entscheiden, ob und falls ja, welche Flüchtlinge einziehen. In diesem Fall übernehmen die Behörden die anfallenden Kosten.

Als Paradebeispiel dieser Art der Aufnahme gilt das Engagement des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Patzelt. Er beherbergt zwei Eritreer. Für ihn seien die Gäste "wie seine eigenen Söhne", sagte er im Gespräch mit der SZ. "Jeder tut, was er kann, und steckt den anderen an. Dann ändert sich irgendwann auch das Klima", ist er überzeugt.

Die Alternative geht von einem persönlichen Kontakt zu Asylsuchenden aus: Wer beispielsweise eine Familie kennt, die er aufnehmen möchte, kann direkt mit ihr einen Mietvertrag abschließen. Dafür muss sich der Flüchtling allerdings selbst bei der Behörde melden und einen Antrag für den Umzug stellen.

Wichtig ist immer, möglichst genaue Angaben zu machen, zum Beispiel ob es sich um einen separaten Wohnraum handelt oder ob man das Haus oder die Wohnung mit den Flüchtlingen teilen will. Gibt es ein eigenes Bad und eine eigene Küche für den Aufgenommenen? Ist die Wohnung bereits möbliert? Solche Fragen wird das Amt Interessierten stellen. Erfüllt die Unterkunft die Vorgaben - auch bei den Mietkosten -, wird ein Besichtigungstermin vereinbart.

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Flüchtlinge in die WG aufnehmen

Es ist auch möglich, Flüchtlinge in einem einzelnen Zimmer aufzunehmen. Die private Initiative "Flüchtlinge willkommen" hat sich darauf spezialisiert, Schutzsuchende bundesweit in Wohngemeinschaften zu vermitteln. 75 Menschen hat die Gruppe in den vergangenen Monaten in WGs untergebracht. Hunderte Studenten, Familien und Alleinstehende haben ein Zimmer in ihrer Wohnung angeboten.

Die Initiative erhält meistens positive Rückmeldungen: "Es läuft super bei uns, wir verstehen uns blind und sind ein echt gutes Team geworden", schreibt eine WG aus München auf der Homepage der Initiative.

Kleider spenden

Ob Kleidung und Spielzeug gebraucht werden, ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Meistens sind solche Sachspenden aber willkommen. Während im November bei der Inneren Mission München 80 Tonnen Sachspenden in nur drei Wochen eingegangen sind und zwischenzeitlich kaum noch Platz in den Lagern war, gibt es nun einen Mangel an bestimmten Artikeln.

Dem Sozialbetrieb Diakonia zufolge herrscht großer Bedarf an Hygieneartikeln (Duschgel, Shampoo, Zahnreinigung, Körperlotion etc.), an Männerkleidung in den Größen XS und S sowie an Koffern, Rucksäcken und Taschen. Wer spenden will, sollte aber darauf achten, dass die Kleidung sauber und nicht beschädigt ist. Längst nicht alles, was gespendet wird, wird auch gebraucht.

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Spenden sortieren

Damit die Kleidungsstücke schnell bei den Flüchtlingen ankommen, müssen sie sortiert und verteilt werden. Hilfsorganisationen wie Diakonia suchen derzeit Freiwillige für die Arbeit in den Lagerhäusern. "Sie entscheiden selbst, wie lange Sie helfen möchten", heißt es auf der Homepage des Sozialbetriebs.

Asylbewerber einstellen

Nach dreimonatigem Arbeitsverbot steht Flüchtlingen der Weg zur Arbeit prinzipiell offen, wenn sie eine Genehmigung der Ausländerbehörde erhalten. Wer Asylsuchenende eine Stelle anbieten möchte, braucht aber nicht immer zu warten: Bestimmte Tätigkeiten wie Praktika oder eine Berufsausbildung sind für Asylbewerber schon vorher möglich.

Wer einen Flüchtling bei sich einstellen möchte, muss allerdings beachten, dass dieser einen sogenannten "nachrangigen" Zugang zum Arbeitsmarkt hat. Das Arbeitsamt prüft zunächst, ob für die Stelle ein passender Bewerber aus Deutschland oder der EU infrage kommt. Über den Flüchtlingsrat kann jeder, der eine Stelle anbieten möchte, nach Ansprechpartnern fragen. Die Online-Plattform workeer.de hilft bei der Arbeitsvermittlung. Zudem geben immer mehr deutsche Universitäten Flüchtlingen die Chance, ein Studium aufzunehmen - auch wenn ihnen die notwendigen Dokumente dafür fehlen.

Deutsch unterrichten

In etlichen Städten haben sich Initiativen gegründet, über die Ehrenamtliche Flüchtlingen Deutsch beibringen. Oft sind das laut Pro Asyl pensionierte Lehrer. Sie müssen nicht unbedingt die Muttersprache der Flüchtlinge können - ideal ist, wenn andere Flüchtlinge dabei sind, die schon etwas Deutsch sprechen und bei der Verständigung helfen. Im Internet oder über den Flüchtlingsrat lässt sich herausfinden, ob es am eigenen Wohnort bereits solche Initiativen gibt. Falls nicht, raten die Experten von Pro Asyl dazu, Kontakt zu einer Initiative in der Region herzustellen. Diese kann beim Aufbau eines eigenen Projekts helfen.

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Kochen mit Flüchtlingen

In einigen Städten und Dörfer gibt es mittlerweile Angebote, gemeinsam mit Flüchtlingen zu kochen. z. B. in Löhnberg, Münster, Amelinghausen, Dietmannsried, Rosenheim, Budenheim, Aachen oder München. Das bekannteste dieser Projekte ist "Über den Tellerrand kochen" - vier Berliner Studenten haben gemeinsam mit Flüchtlingen gekocht und die Rezepte gesammelt. Das hilft nicht nur bei der Integration. In Berlin ist durch das Projekt ein zweisprachige Kochbuch "Rezepte für ein besseres Wir - Recipes for a better Us" entstanden. Vom Erlös gehen pro Buch 2,50 Euro an die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl.

Fussball und andere Spiele

Kürzlich gründete der Sportverein ESV Neuaubing die erste Fußballmannschaft für Flüchtlinge in Bayern, die am Ligaspielbetrieb teilnimmt: Die auf einen Schlag 37 neuen Mitglieder wirken zudem dem andauernden Mitgliederschwund der vergangenen Jahre entgegen. Markus Maucher, Geschäftsleiter des ESV, freut sich, dass "das Vereinsleben um eine Facette reicher geworden ist". Andere Klubs haben ähnliche Programme umgesetzt.

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"Freizeitangebote sind besonders für Kinder wichtig, damit sie aus den oft tristen Unterkünften herauskommen", sagt Bernd Mesovic von Pro Asyl. Aber auch Erwachsenen helfen sie, aktiv zu bleiben und andere Menschen zu treffen. Einige Sportvereine haben bereits Angebote. Wer helfen möchte, kann bei örtlichen Vereinen fragen, ob es schon Projekte für Flüchtlinge gibt. Wer beispielsweise als Fußballtrainer aktiv ist, kann sich auch an das Bundesprogramm Integration durch Sport wenden.

Medizinische Versorgung

Ärzte, Zahnärzte und Pflegepersonal können mit ihrem Wissen den Schutzsuchenden helfen. Weil die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge kompliziert ist, sind kostenlose Sprechstunden in Asylbewerberheimen sehr hilfreich. Ärzte, die solche Sprechstunden anbieten möchten, sollten das allerdings vorher mit den zuständigen kommunalen Behörden abklären.

Als Mentor einspringen

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Wer an engem Kontakt interessiert ist, kann ehrenamtlicher Mentor für einen Flüchtling werden - etwa beim Welcome-Programm von Refugio, das sich um traumatisierte Flüchtlinge kümmert, die oft schon länger hier sind, aber dennoch wenig Kontakt zu Deutschen haben. Eine therapeutische Ausbildung ist dafür nicht notwendig, dafür aber Zeit. Der Mentor verpflichtet sich, ein halbes Jahr lang mindestens einmal wöchentlich seinen Mentee zu treffen. Es geht dabei vor allem um Sprachunterricht und die Freizeitgestaltung - der Mentor soll dem Flüchtling die Stadt zeigen oder zum Beipiel mit ihm wandern gehen.

Eine Vormundschaft übernehmen

Kommt ein Kind ohne seine Eltern nach Deutschland, braucht es einen Vormund. Oft sind das Amtsvormünder, da sich viel zu wenige passende Privatpersonen finden. Ein Vormund trägt eine große Verantwortung - für ein möglicherweise traumatisiertes Kind: Der junge Flüchtling braucht eine Unterkunft, muss zur Schule, und der Vormund sollte ihn während seines Asylverfahrens begleiten. Zugleich sei man als Vormund Anlaufstelle bei allen persönlichen Sorgen und Problemen, erklärt der "Bundesfachverband Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" auf seiner Website. Initiativen wie das Projekt "Do it!" der Diakonie Wuppertal will ehrenamtliche Vormunde gewinnen und schulen.

Geld für die Flüchtlingshilfe spenden

Und natürlich gibt es die klassischste Art der Nothilfe: eine Geldspende. Wo private Spenden für Flüchtlinge in Deutschland am besten ihr Ziel erreichen, erfährt man bei Pro Asyl, auf der Seite "Wie kann ich helfen?" oder anderen Nonprofit-Organisationen. Ärzte ohne Grenzen, Cap Anamur oder Rotes Kreuz leisten zudem Hilfe in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen oder dort, wo sie stranden, nach ihrer gefährlichen Reise über das Mittelmeer. Eine Übersicht der Spendenorganisationen gibt es beim Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen.

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