Flüchtlinge in Deutschland:CSU rügt Merkel für "falsche Entscheidung"

Lesezeit: 3 Min.

Nicht einverstanden mit dem Kurs der Kanzlerin: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). (Foto: dpa)
  • In der Union bahnt sich in der Flüchtlingsfrage ein Streit an. Die CSU hat nach eigenen Angaben die Entscheidung von Kanzlerin Merkel gerügt, in Ungarn festsitzende Flüchtlinge unbürokratisch nach Deutschland einreisen zu lassen.
  • Großbritannien will einem Zeitungsbericht zufolge 15 000 Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. In diesem Jahr sind es bis dato erst 216.
  • Dem Bericht nach plant Premier Cameron zudem, das Parlament über eine Militäroffensive gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien abstimmen zu lassen.
  • EU-Kommissionspräsident Juncker kritisiert, dass es in der Flüchtlingskrise wieder verstärkt Grenzkontrollen in Europa gebe.

CSU kontra Merkel: "Völlig falsches Signal innerhalb Europas"

CSU-Chef Horst Seehofer hat von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine klare Position bei der Verteilung der Flüchtlinge in der EU gefordert. "Wir können nicht als Bundesrepublik auf Dauer bei 28 Mitgliedsstaaten beinahe sämtliche Flüchtlinge aufnehmen", sagte Seehofer am Sonntag bei einer Feierstunde zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß im oberbayerischen Rott am Inn. "Das hält auf Dauer keine Gesellschaft aus." Seehofer kündigte intensive Gespräche mit Merkel beim Koalitionsgipfel am Abend in Berlin an.

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Von Stefan Braun und Nico Fried

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Bleibeperspektive. Er denke dabei an nur wenige Tage oder Wochen. Seehofer kritisierte, dass bis zum Jahresende voraussichtlich 350 000 unerledigte Asylverfahren in Deutschland aufliefen.

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Zuvor hatte bereits CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer die Entscheidung der Kanzlerin kritisiert, in Ungarn festsitzende Flüchtlinge unbürokratisch nach Deutschland einreisen zu lassen. Das Parteipräsidium habe die vom Bund erteilte Einreiseerlaubnis in einer eigens einberufenen Telefonkonferenz einmütig als "falsche Entscheidung" gerügt, sagte Scheuer der Nachrichtenagentur dpa. Mehrere Präsidiumsmitglieder hätten vor einer "zusätzlichen Sog-Wirkung" gewarnt. Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland müsse begrenzt werden, betonte Scheuer.

Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann sagte beim Besuch einer Polizeidienststelle in Passau, die Entscheidung sei mit den Ländern nicht abgesprochen gewesen. Sie sei ein "völlig falsches Signal innerhalb Europas", das korrigiert werden müsse. Im Bayerischen Rundfunk führte er aus: "Dies hat den unheimlichen Drang ausgelöst, dass alle sagen 'aha, wir können alle nach Deutschland und wenn wir Deutschland erst einmal erreicht haben, dann schickt uns dort niemand mehr weg'."

Das Bild des toten Jungen Aylan aus Syrien habe ihn "tief bewegt", sagte der britische Premier Cameron in der vergangenen Woche. (Foto: Getty Images)

London plant Aufnahme von 15 000 Syrien-Flüchtlingen

Großbritannien scheint von seiner rigiden Abschottungspolitik in der Flüchtlingskrise abzurücken: London plant einem Zeitungsbericht zufolge, 15 000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Wie die Sunday Times berichtet, will Premierminister David Cameron dazu ein Programm seiner Regierung zur Aufnahme von Flüchtlingen ausweiten. Bislang hat Großbritannien in diesem Jahr lediglich 216 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Insgesamt erhielten seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 etwa 5000 Syrer in Großbritannien Asyl.

Nachdem das Bild des dreijährigen syrischen Jungen Aylan, der tot an einen türkischen Strand gespült worden war, in Großbritannien tiefe Erschütterung ausgelöst hatte, hatte Cameron am Donnerstag eine "Überprüfung" der Aufnahmezahlen zugesagt. Er erklärte, Großbritannien werde seiner "moralischen Pflicht" nachkommen. ( Lesen Sie hier, warum die SZ das Foto des toten Jungen nicht zeigt.)

Am Freitag hatte Cameron allerdings erklärt, sein Land werde nur Flüchtlinge aus UN-Lagern in Syriens Nachbarstaaten aufnehmen und keine Syrer, die es schon nach Europa geschafft hätten. Mit 15 000 Syrern würde Großbritannien immer noch deutlich weniger Flüchtlinge aufnehmen als andere EU-Länder wie Deutschland oder Schweden. In der britischen Bevölkerung ist der Eindruck aber offenbar ein anderer: Einer aktuellen Umfrage zufolge ist die Mehrheit der Briten angesichts der Flüchtlingskrise in Europa für einen Austritt aus der EU.

Cameron soll Militäreinsatz in Syrien anstreben

Der britische Premier will sich dem Zeitungsbericht zufolge außerdem vom Parlament grünes Licht für einen Militäreinsatz in Syrien geben lassen. Der Regierungschef habe vor, die Abgeordneten Anfang Oktober abstimmen zu lassen und so den Weg für Luftangriffe auf die radikale Miliz Islamischer Staat (IS) zu ebnen, schreibt die Sunday Times unter Berufung auf hochrangige Regierungsvertreter. Zudem strebe Cameron eine Militär- und Geheimdienstoffensive gegen Schlepperbanden an.

Ähnliche Pläne gibt es offenbar auch in Paris: Auch Frankreich erwägt einem Zeitungsbericht zufolge, sich an Luftangriffen auf den IS in Syrien zu beteiligen. Präsident Francois Hollande habe darüber am Freitag mit seinem Verteidigungsstab beraten, berichtet die Zeitung Le Monde unter Berufung auf eine ungenannte hochrangige Quelle. Die Regierung lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab und verwies darauf, dass Hollande sich dazu am Montag auf einer Pressekonferenz äußern werde.

Australien will in der "humanitären Krise" helfen

Auch der australische Ministerpräsident Tony Abbott zeigt sich tief bewegt vom Foto des toten Aylan - und hat angekündigt, dass sein Land mehr Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufnehmen werde. Allerdings will Australien nicht seine Gesamtkapazität an Flüchtlingen erhöhen. Zurzeit gewährt das Land 14 000 Menschen aus humanitären Gründen Zuflucht.

Juncker kritisiert Grenzkontrollen in Europa

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die verschärften Grenzkrontrollen in Europa wegen der Flüchtlingskrise kritisiert. "Wenn Menschen in Europa Zuflucht suchen, ist das noch lange kein Grund, Schengen außer Kraft zu setzen", sagte Juncker der Bild am Sonntag. Europa habe "Jahrzehnte dafür gearbeitet, dass wir hier ohne Mauern und Zäune leben und reisen können". Das Recht auf Freizügigkeit sei "unantastbar", sagte Juncker. "Wir dürfen Schengen nicht aufs Spiel setzen, nur weil einige Mitgliedstaaten (...) Solidarität offenbar als Schönwetter-Wort begreifen."

Das Schengen-Abkommen gilt seit 1995 und schuf Grenzkontrollen zwischen 26 europäischen Staaten ab. Die Flüchtlingskrise bringt jedoch immer mehr Länder in Europa dazu, ihre Überwachung an den Grenzen wieder zu verschärfen. Auf Drängen Deutschlands führte etwa Italien am Brenner wieder Passkontrollen ein.

EU-Kommission will Liste über sichere Herkunftsländer vorlegen

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Der britische Premier Cameron will das Parlament über einen Militäreinsatz gegen die Terrormiliz IS abstimmen zu lassen. Auch Frankreich erwägt, sich an Luftangriffen zu beteiligen. In Russland soll es ebenfalls Pläne für einen Einsatz geben - allerdings wohl auf Seiten Assads.

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Die EU-Kommission legt einem Medienbericht zufolge am Mittwoch erstmals eine Liste mit sicheren Herkunftsländern vor. Darauf stehe neben den Staaten des westlichen Balkans auch die Türkei, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf den ihr vorliegenden Vorschlag der Kommission. Die Liste solle durch eine Verordnung im europäischen Recht verankert und somit für alle Mitgliedstaaten verbindlich werden. Die Kommission wolle ihre Liste sukzessive um Staaten außerhalb Europas erweitern.

Bei Asylbewerbern aus diesen Staaten könnten die Verfahren - und damit die Rückführung in ihre Heimatländer - beschleunigt werden.

© SZ.de/AFP/Reuters/dpa/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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