Flüchtlinge:Griechenland will Zeltlager räumen

Die Flüchtlingszahlen gehen merklich zurück. Nun plant Athen die Auflösung der provisorischen Camps.

202 Menschen aus Pakistan, Indien, Marokko, Irak und Palästina wurden Anfang der Woche von den griechischen Inseln Lesbos und Chios mit Schiffen in die westtürkische Hafenstadt Dikili gebracht, am Freitag folgten 124 weitere.

Die Rückführungen sind Teil des umstrittenen Flüchtlingspakts zwischen der Europäischen Union und der Türkei. Die Vereinbarung sieht vor, dass Griechenland wieder Flüchtlinge abschieben darf, geanuer gesagt, alle Migranten, die seit dem 20. März illegal ins Land eingereist sind. Ausgenommen sind nur Asylsuchende, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden. Im Gegenzug nimmt die EU Ankara syrische Hilfesuchende ab.

Griechenland warnt Ankara

Doch in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, wo noch Tausende ausharren, bleibt die Lage angespannt. Der griechische Vize-Verteidigungsminister Dimitris Vitsas sagte Spiegel Online, man werde die von den Migranten errichteten Zeltstädte in den kommenden Wochen räumen, zuerst das Lager in Piräus. Die Menschen sollen dann nach Möglichkeit auf Inseln wie Leros oder Kos verteilt werden.

"Nur wenn die Flüchtlinge weiterziehen, können wir ihnen die Rechte und Prinzipien der EU gewährleisten", sagte Vitsas weiter. "Einige glauben, sie könnten weltweite Aufmerksamkeit auf sich ziehen, wenn sie unter verwahrlosten Bedingungen leben." Aber wer sich auf griechischem Boden befindet, stehe unter griechischem Recht sagte Vitsas und warnte auch die Türkei: Wenn Ankara sich nicht an Vereinbarungen halte, und beispielsweise Syrer zurück nach Griechenland sende, sei das Abkommen gebrochen.

Wieder Todesopfer unter den Flüchtlingen

Bis Samstagmorgen setzten innerhalb von 24 Stunden 120 Flüchtlinge mit Booten von der Türkei nach Griechenland über. Das teilte der Flüchtlings-Krisenstab in Athen mit. Dabei gab es am Samstagmorgen erstmals seit Wochen wieder Todesopfer unter den Flüchtlingen. Mindestens fünf Menschen kamen nordöstlich von der Ägäis-Insel Samos ums Leben, als ihr Schlauchboot bei starkem Wind und hohen Wellen kenterte. Vier Menschen konnte bisher gerettet werden, weitere fünf werden vermisst.

Die Zahlen derjenige, die die Überfahrt wagen, sind im Vergleich zum Vormonat stark zurückgegangen; im Februar kamen dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) zufolge im Schnitt täglich mehr als 900 Flüchtlinge und Migranten an griechischen Ufern an.

Merkel will Flüchtlingsabkommen mit Libyen nach Türkei-Vorbild

Nach dem Abkommen mit der Türkei zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen strebt Kanzlerin Angela Merkel eine ähnliche Einigung mit Libyen an. "Wir haben jetzt vor uns die Aufgabe, mit Libyen eine solche Kooperation hinzukriegen", sagte die CDU-Chefin gestern vor Delegierten der Berliner Landes-CDU. Um die EU-Außengrenzen zu schützen, gebe es keinen anderen Weg, als Verabredungen mit Nachbarstaaten zu treffen.

"Wir haben seit wenigen Tagen eine Einheitsregierung, die endlich in Tripolis angekommen ist", sagte Merkel mit Blick auf die von den Vereinten Nationen vermittelte Übergangsregierung in dem Bürgerkriegsland. "Und von der Frage, ob es uns gelingt, mit Libyen auch vernünftige Vereinbarungen zu treffen, wird abhängen, wie es uns gelingt, die Flüchtlingsroute nach Italien zu ordnen und zu steuern, wie wir es mit der Türkei gemacht haben."

In den vergangenen Monaten sei es Deutschland und der EU gelungen, der Türkei, Jordanien und dem Libanon bei der Versorgung syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge stärker unter die Arme zu greifen. "Es ist besser, die Menschen haben ein auskömmliches Leben in der Nähe ihrer Heimat, als dass alle zu uns kommen und wir die gesamte Integration leisten müssen", sagte Merkel. Sie wolle zudem den afrikanischen Ländern helfen, ihren Jugendlichen Perspektiven im Heimatland zu geben.

Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gesagt, dass er mit einem großen Andrang von Flüchtlingen aus Afrika rechne. Die von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) genannte Zahl von bis zu 200.000 Afrikanern aus Staaten südlich der Sahara, die in Libyen auf ihre Überfahrt nach Europa warten, halte er noch "eher für zu niedrig begriffen", sagte de Maizière in Berlin.

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi vor fünf Jahren regiert in Libyen das Chaos. Wegen seiner Nähe zu Italien hat sich das Land zu einer der wichtigsten Durchgangstationen für Afrikaner und Araber entwickelt, die aus ihren Heimat vor Gewalt oder Armut nach Europa fliehen.

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