Flüchtlinge:Wer nach Griechenland flieht - und warum

Lesezeit: 2 min

Circa 13 000 Migrantinnen und Migranten leben im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Ende September starben bei einem Feuer, das bei Protesten gelegt wurde, zwei Lager-Bewohner. (Foto: AFP)
  • In jüngster Zeit kommen wieder mehr Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland.
  • Die meisten von ihnen sind Afghanen, die zuvor offenbar über Iran in die Türkei geflohen waren.
  • In der Türkei wächst der Druck auf die Flüchtlinge, während der türkische Präsident der EU droht, die Grenzen für die Syrer zu öffnen.

Dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge sind dieses Jahr bereits 41 940 Menschen aus der Türkei nach Griechenland geflohen - die meisten über die See, einige Tausend auch auf dem Landweg. Diese Zahlen liegen noch deutlich höher als die mehr als 36 200 Migranten, die die Internationale Organisation für Migration (IOM) für denselben Zeitraum gemeldet hat.

Seit Mai machen sich immer mehr Menschen auf den Weg nach Griechenland - vor allem über das Meer, sodass es im August und September schon zwei- bis dreimal so viele waren wie im Frühjahr und Sommer. Und die Zahlen im August und September waren die höchsten, seit die Türkei und die EU 2016 ihr Flüchtlingsabkommen geschlossen haben.

In Italien sind 2019 dagegen relativ wenige Flüchtlinge angekommen, was der im August gestürzte rechte Innenminister Matteo Salvini als Erfolg für sich reklamiert hat. Tatsächlich dürfte der Rückgang aber wesentlich auch auf die Politik seines sozialdemokratischen Vorgängers zurückgehen und auf die veränderten Strategie der Milizen in Libyen.

Insgesamt haben dieses Jahr fast 7500 Migranten Italien erreicht - 2018 waren es noch dreimal so viele, von 2014 bis 2017 sogar pro Jahr zwischen 120 000 und 180 000. Spanien erreichten 2019 bislang fast 22 000 Flüchtlinge - es werden am Ende wohl deutlich weniger Menschen sein als im Vorjahr (mehr als 65 000). Die Zahlen entsprechen etwa denen von 2017. In den Jahren davor waren es deutlich weniger gewesen.

Mit fast 39 Prozent machen Afghanen den größten Teil der Flüchtlinge aus, die sich nach Griechenland durchschlagen. Etwa 170 000 Afghanen sind in den vergangenen Jahren in die Türkei geflohen, viele aus Iran, wo die einheimische Bevölkerung selbst zunehmend unter den Sanktionen wegen des Atomprogrammes leiden.

In der Türkei wächst gegenwärtig der Druck auf die Flüchtlinge nun ebenfalls. Dort ist die Zahl der syrischen Flüchtlinge 2018 offiziell auf mehr als 3,6 Millionen gestiegen, inzwischen sollen es fast 3,67 Millionen sein. Und Ankara würde sie gern wieder los - Präsident Recep Tayyip Erdoğan fordert für sie eine sogenannte Sicherheitszone im Nordosten des benachbarten Bürgerkriegslandes. Auf jeden Fall aber will die Türkei mehr Geld und Hilfe aus Europa.

Erdoğan droht bereits damit, den Flüchtlingsdeal mit der EU zu kippen und für die Syrer die Grenzen zur EU zu öffnen, wenn er nicht mehr Unterstützung bekommt, um die Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen. Es scheint, als hätte die Türkei die Kontrollen an den Stränden schon gelockert, von denen aus Flüchtlinge nach Griechenland übersetzen. Und derzeit ist bereits jeder fünfte Flüchtling, der Griechenland erreicht, Syrer.

© SZ.de/mcs/chen - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Griechenland
:"Dieser Türkei-Deal hat nie funktioniert und wird nie funktionieren"

Die Zahl der Geflüchteten auf den griechischen Inseln steigt rasant. Der Chef von Ärzte ohne Grenzen kritisiert das Flüchtlingsabkommen - Innenminister Seehofer bangt um dessen Fortbestand.

Von Christiane Schlötzer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: