Ein Flüchtling, das lernt man gerade wieder, ist immer der andere. Ein Flüchtling spricht eine fremde Sprache und ist von irgendwoher und jedenfalls nicht von hier. Aber stimmt das wirklich?
Katharina Bobzin gehörte zu den 960 000 deutschen Flüchtlingen, die in den 28 Jahren zwischen dem Bau der Mauer und dem Ende der DDR von Deutschland-Ost nach Deutschland-West geflohen sind. Sie ist heute 69 Jahre alt, studierte Arabistin, aber ihre abenteuerliche und hochriskante Flucht im Sommer 1969 hat sie nicht vergessen. Es war ihr großer Wunsch, noch einmal zurückzukehren an den gefährlichsten Punkt dieser Flucht, und so kam es jetzt zu einer Spurensuche an dem Flussabschnitt, der die Grenze bildet zwischen Rumänien und Serbien, das damals noch Jugoslawien hieß.
Dort, wo die Donau sich zum sogenannten "Eisernen Tor" verengt, wo die Strömung ganz besonders reißend ist, haben zwei junge Frauen, die Studentin Katharina und die Studentin Eva, in einer lauen Augustnacht ihre Schwimmringe aneinander gebunden, haben sich dick mit Nivea eingecremt und sind losgeschwommen. Kilometerweit wurden sie abgetrieben, aber das jugoslawische Ufer haben sie erreicht.
Man denkt ja, Flüchtlinge, die in Lastwagen ersticken oder im Meer ertrinken, seien ein Zeichen der Zeit. Tatsächlich sind die beiden Frauen vor fast einem halben Jahrhundert ähnlich große Risiken eingegangen. Nach Österreich gelangten sie liegend - auf den Gepäckträgern zweier Kleinbusse, zwischen Zelten und Schlafsäcken und unter festgezurrten Plastikplanen.