Süddeutsche Zeitung

Fischsterben in der Oder:"Da ist noch Vieles zu klären"

Nach dem Treffen der Umweltministerinnen aus Polen und Deutschland ist klar: Die toten Oder-Fische sind längst zum Politikum geworden, die Positionen beider Seiden unvereinbar.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Die Aufklärung der Ursachen für das massive Fischsterben in der Oder Anfang August ziehen sich weiter hin. Zum Abschluss des deutsch-polnischen Umweltrats betonten die polnische Umweltministerin Anna Moskwa und ihre deutsche Amtskollegin Steffi Lemke, dass es erst am 30. September einen abschließenden Bericht zu "dieser Umweltkatastrophe historischen Ausmaßes" geben werde. "Da ist noch Vieles zu klären", sagte Lemke. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran." Klar sei, dass es ein explosives Wachstum der giftigen Goldalge gegeben habe. Auslöser dafür seien vermutlich Dürre, Hitze und eine hohe Salzkonzentration aus der polnischen Seite des Flusses gewesen.

Polens Umweltministerin Moskwa betonte, dass "die Untersuchungen auf jeden Fall fortgesetzt" würden. Sie verwies darauf, dass Experten "in der Literatur Hinweise gefunden hätten, dass die Goldalge auch in Deutschland gefunden worden ist". Zudem wies sie auf ein anderes Problem hin, die illegale Entsorgung deutschen Abfalls in Polen: "Solche Verursacher müssen betraft werden." Lemke betonte ebenfalls, dass diese "illegalen Exporte" gestoppt werden müssten.

Das Treffen im Brandenburgischen Bad Saarow begann unter denkbar schwierigen Voraussetzungen. Zum Auftakt hatte Moskwa angekündigt, auch über den Bau eines Containerhafens in Stettin und über die Pläne für ein neues Atomkraftwerk sprechen zu wollen. Lemke hingegen betonte, dass der von der polnischen Seite begonnene Ausbau der Oder unterbrochen werden müsse, damit die übrigen Fischbestände nicht weiter gefährdet würden. Ihre polnische Amtskollegin wies diese Forderung zurück: "Es gibt keine rationalen Gründe, die Maßnahmen zu stoppen."

Die Vergiftung der Oder hatte Anfang August zum Massensterben von Fischen und anderen Flusstieren geführt. Insgesamt sind bislang 200 Tonnen toten Fischs gesammelt worden, Experten schätzen, dass insgesamt bis zu 400 Tonnen getötet wurden. Auf polnischer Seite, wo das Fischsterben begann, hatte es bereits Ende Juli erste Berichte dazu gegeben; in Deutschland wurde es jedoch erst am 9. August bekannt.

Ministerin Moskwa reagierte barsch

Die Suche nach den Ursachen der Katastrophe hat sich zu einem Politikum zwischen Polen und Deutschland entwickelt. Deutsche Politiker hatten mehrfach öffentlich beklagt, sie seien erst viel zu spät von polnischen Behörden und Politikern über das Fischsterben informiert worden. Polnische Politiker reagierten mit dem Vorwurf, ihre Amtskollegen würde Falschnachrichten verbreiten. So reagierte Ministerin Moskwa harsch, als das Brandenburger Umweltministerium das Ergebnis von Wasserproben veröffentlichte, die auf eine starke Belastung durch Pestizide aus polnischer Landwirtschaft hinwiesen. "Achtung, weitere Fake News werden in Deutschland verbreitet", schrieb sie auf Twitter.

In Polen steht die nationalkonservative PiS-Regierung derzeit wegen des vermuteten nachlässigen Umgangs mit dem Fischsterben unter Druck. Zugleich hat der Wahlkampf für die Parlamentswahl im kommenden Jahr begonnen. Bei früheren Wahlen hatten die PiS-Partei dabei auch antideutsche Ressentiments geschürt.

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