Fischer und die Erdgas-Pipeline:Der Privatmann schweigt

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Ex-Außenminister Fischer erregt als künftiger Berater eines ehrgeizigen EU-Pipeline-Projekts Aufsehen - der Job macht ihn zum Gegenspieler von Gerhard Schröder.

Robert Roßmann

Eigentlich ist es in letzter Zeit recht ruhig geworden um den Mann. Manchmal sieht man ihn noch murrend an der Seite von Minu Barati, die bisher mehr mit ihren Unrath&Strano-Kleidern als mit ihren Filmen auffällt. Gelegentlich läuft er einem auch allein über den Weg - mit tief ins Gesicht gezogener Basecap, auf dass ihn keiner erkenne und anspreche.

Joschka Fischer will über das Projekt "Nabucco" lieber nicht reden. (Foto: Foto: AFP)

Joschka Fischer treibt es nicht mehr in die Öffentlichkeit. Davon hat er genug gehabt - sagt er. Und wer ihn an seinem kleinwagenteuren Herd erlebt, der jedem Sterne-Restaurant zur Ehre gereichen würde, mag das fast glauben.

Doch mit der Ruhe dürfte es jetzt erst einmal vorbei sein. Fischer hat einen Job angenommen, bei dem sich öffentliches Aufsehen nicht mehr vermeiden lässt. Der Ex-Außenminister soll "Nabucco" zum Erfolg verhelfen. In Verdis Nabucco geht es um die Hybris des Titelhelden, der sich selbst zum Gott machen will. Bei Fischers Nabucco geht es um das wichtigste Pipeline-Projekt der Europäischen Union.

Durch die geplante Röhre soll an Russland vorbei Gas aus dem Nahen Osten und der Region um das Kaspische Meer nach Europa fließen. Die EU will sich damit von Moskaus Lieferungen unabhängiger machen. Nabucco muss deshalb vor allem durch die Türkei verlegt werden. Genau darum setzen die Betreiber - unter ihnen RWE und OMV - jetzt auf Fischer. Der Grüne hat sich sein Außenminister-Leben lang für einen Beitritt der Türkei in die EU eingesetzt und nicht nur deshalb viele Freunde in Ankara. Überzeugungskunst und Beredsamkeit sind ihm auch nicht fremd.

Wohl kaum für lau

Über das Projekt reden will Fischer trotzdem nicht. Zu Geschäftlichem gebe er aus Prinzip keine Auskünfte, sagt er. Das müsse er als Privatmann nicht mehr. Und so lässt Fischer auch Berichte unkommentiert, wonach er seinen Auftraggebern einen sechsstelligen Betrag wert sei.

Dass es Fischer nicht für lau machen wird, dürfte allerdings klar sein. Der Mann ist Schwabe und freut sich nicht nur an der Politik, sondern auch am Geldverdienen. Seit seinem Abgang aus dem Bundestag hat Fischer nicht nur ein hochbezahltes Buch über die rot-grünen Jahre geschrieben und die Beraterfirma Joschka Fischer Consulting gegründet.

Gazprom sieht sein Europa-Geschäft bedroht

Er tourt auch als gut dotierter Vortragsreisender durch Deutschland und die Welt. Am Mittwoch sprach er in Tübingen über die Klimapolitik, am Donnerstag bei einer Laudatio in der Münchner Residenz über die Außenpolitik. Und wenn es der Kalender hergibt, nimmt er auch schon mal einen lukrativen Termin in der Provinz mit.

Sein neuer Job ist von anderem Kaliber. Gewissermaßen auf der Gegenseite steht kein Geringerer als Wladimir Putin mit seinem alten Freund Gerhard Schröder. Der Ex-Kanzler ist Aufsichtsratschef des Nord-Stream-Konsortiums, das die deutsch-russische Gaspipeline durch die Ostsee plant. Hauptpartner ist Gazprom.

Der russische Staatskonzern sieht durch Nabucco sein extrem profitables Europa-Geschäft bedroht und plant deshalb die Konkurrenzpipeline South Stream. Nabucco gegen South Stream, das ist aus Sicht der Europäer also so etwas wie der Kampf Gut gegen Böse. Dass der James-Bond-Fan Fischer da gerne mitspielt, überrascht nicht.

© SZ vom 27.06.2009/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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