Finnland:Warnung für Europa

Bei der Wahl haben die EU-Skeptiker wieder gut abgeschnitten. Die Euro-Rettung wird so noch schwieriger. Und die Wahl zeigt: Die Finnen fühlen sich von Brüssel übergangen.

Von Silke Bigalke

Vor vier Jahren war es ein Schock, der auch in Brüssel zu spüren war: In Finnland feierten die EU-Gegner der Partei Wahre Finnen einen Sieg und waren plötzlich zweitstärkste Kraft im Land. Sie traten damals an mit dem Versprechen, mit ihnen werde es keine europäischen Hilfen für Euro-Schuldenstaaten geben. Jetzt hat Finnland wieder gewählt - und der Erfolg der Populisten ist derselbe. Sie werden nach Sitzen die zweitgrößte Fraktion im Parlament. Und anders als vor vier Jahren ist es jetzt gut möglich, dass sie an der neuen Regierung beteiligt werden.

Das Wahlergebnis zeigt: Die Verunsicherung der Finnen durch die Brüsseler Politik sitzt tief; und sie sitzt fest, genauso wie der Wahre-Finnen-Populist Timo Soini in Helsinki. Für Europa ist das eine höchst beunruhigende Nachricht.

Denn vermutlich würde eine Regierungsbeteiligung der EU-Kritiker, die sich heute nur Die Finnen nennen, nicht angenehm. Timo Soini, der früher mit allen Mitteln gegen die EU wetterte, hat zwar dazugelernt. Er fordert nicht mehr offen und laut die Abschaffung des Euro oder den Austritt Finnlands aus der EU. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Soini auf den Posten des Außen- oder Finanzministers spekuliert. Dann könnte eine Diskussion über weitere Griechenland-Hilfen, die im Sommer womöglich ansteht, zur ersten Zerreißprobe für die neue Regierung in Helsinki werden. "Wir stimmen nicht dafür, das ist sicher", hat Soini eine Woche vor der Wahl gesagt. Mit ihm als Finanzminister sei die gesamte europäische Rettungspolitik "in Schwierigkeiten". Was könne Brüssel denn schon dagegen tun? "Werft uns doch raus aus der Euro-Zone."

In Helsinki regieren künftig wohl die Euro-Skeptiker mit

Wie viel Polemik und wie viel Ernst in solchem Gerede stecken, weiß man noch nicht genau. Das Wahlergebnis zeigt jedoch, dass Soini die Gefühle jener Finnen trifft, welche die Geduld mit dem reformunwilligen Griechenland verlieren. Das wissen auch die anderen Parteien, die im Wahlkampf das Thema Europa und Euro-Krise eher gemieden haben.

Die Finnen waren stets stolz darauf, dass sie sich an die Regeln des Euro-Stabilitätspakts gehalten haben. Dieselbe Disziplin verlangten sie von anderen Ländern, und sie waren immer besonders skeptisch gegenüber Hilfen für EU-Staaten. Doch jetzt steckt Finnland selbst in einer wirtschaftlichen Krise. Die Lage ist so ernst, dass der scheidende Regierungschef Alexander Stubb, der sich selbst einen "ewigen Optimisten" nennt, von einer "verlorenen Dekade" für Finnland spricht.

Trotzdem hört man aus dem Norden kaum Klagen. Selbst aus dem finnischen Wahlkampf drang wenig nach außen. Ruhig und im Grundsatz einig konzentrieren sich die Parteien darauf, Lösungen zu finden und noch disziplinierter zu sparen. Doch auch wenn den Finnen die Emotionalität der Südeuropäer fehlt - ihre Sorgen und Ängste sind da, das zeigt der Erfolg der EU-Kritiker. Er zeigt, dass die Finnen sich von Europa nicht ernst genommen fühlen. Timo Soini wird sicher dafür sorgen, dass sie in Zukunft vernehmbarer werden.

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