Süddeutsche Zeitung

Finnland: Rechtsruck bei Parlamentswahl:Wahre Lektionen

Die rechtspopulistischen "Wahren Finnen" von Timo Soini sind die wahren Sieger der Parlamentswahlen in Finnland. Sie gewinnen mit ihren europafeindlichen Sprüchen 19 Prozent der Wähler für sich und stellen die finnische Konsensgesellschaft auf eine harte Probe.

Gunnar Herrmann

Jetzt hat also auch Finnland eine gefährlich erfolgreiche populistische Partei. Der "Wahre Finne" Timo Soini dominierte den Wahlkampf mit seinen EU-feindlichen Sprüchen wie kein anderer. Nun sieht es so aus, als wäre er mit seiner Brüsselschelte der wahre Wahlsieger - da ist es auch egal, dass seine Partei doch nur knapp drittstärkste Kraft geworden ist, nicht zweitstärkste.

An seinem Aufstieg sind auch die etablierten Politiker Schuld. Sie haben es sich über Jahrzehnte hinweg zu bequem gemacht. Alle großen Parteien waren sich in wichtigen Fragen einig, niemand musste für seine Ansichten kämpfen. Die Politiker schwärmten vom Konsens und vergaßen dabei jene, die nicht einverstanden waren.

Hinzu kamen die Spendenskandale der vergangenen Jahre, die sogar einen Ministerpräsidenten das Amt kosteten. Man muss kein Politikwissenschaftler sein, um zu verstehen, dass es in dieser Parteienlandschaft Protestparteien leicht haben. Timo Soini ist Politikwissenschaftler; er hat seine Magisterarbeit über populistische Parteien geschrieben - und dabei offenbar einiges gelernt.

Die Frage ist nun, was Soini mit der neu gewonnenen Macht anfangen kann. Er wird in den nächsten Tagen mit Sicherheit als möglicher Regierungspartner umworben. Regieren aber wird er nur, wenn er bei den EU-Finanzhilfen nachgibt. Kann er das? Und was verlangt er wohl im Gegenzug?

Seine Partei ist Sammelbecken für Nationalisten, Islamfeinde, Sozialromantiker. Die Mischung ist instabil; es kann gut sein, dass die Partei bald zerfällt und die finnischen Populisten wieder verschwinden. Um sie dauerhaft zu bannen, müssten aber die anderen Parteien aus ihren Fehlern lernen. Eine Rückkehr zum bequemen Konsens kann es nicht mehr geben.

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Quelle:
SZ vom 18.04.2011/olkl
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