Finnland macht sich auf den Weg, nach jahrzehntelanger Bündnisfreiheit Mitglied der Nato zu werden. Präsident Sauli Niinistö veröffentlichte am Donnerstag gemeinsam mit Regierungschefin Sanna Marin eine entsprechende Erklärung. Ein solcher Schritt müsse "ohne Verzögerung" erfolgen, heißt es darin. Hintergrund ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine, den das Nachbarland Russland führt.
Ein Beitritt zur Nato würde die Sicherheit Finnlands stärken, aber auch das gesamte Bündnis, heißt es in der Erklärung weiter. Sie hofften, dass die nötigen Beschlüsse in Finnland bereits in den kommenden Tagen erfolgen, schreiben Niinistö und Marin.
Schweden und Finnland:Nordische Kombination
Schweden war in der Nato-Debatte bislang zögerlicher als Finnland. Nun aber macht Stockholm Tempo: Medien melden den Plan eines gemeinsamen Beitrittsantrages.
Beide reisten in den vergangenen Wochen zu Gesprächen in zahlreiche Nato-Staaten. Die USA, Deutschland und weitere Nato-Mitglieder haben ausdrücklich beteuert, Beitrittsanträge aus Finnland und auch aus Schweden unterstützen zu wollen, sollten sich die beiden nordischen Staaten dazu entschließen. Schweden dürfte in den kommenden Tagen ebenfalls in der Nato-Frage entscheiden. Reichen beide Staaten offizielle Beitrittsanträge ein, dann könnten diese spätestens Ende Juni beim Nato-Gipfel in Madrid gebilligt werden, anschließend müssen die Parlamente aller 30 Nato-Mitglieder zustimmen.
Olaf Scholz hat die Entscheidung Finnlands begrüßt, sich für einen unverzüglichen Beitritt des Landes zur Nato auszusprechen. "In einem Telefonat mit Präsident Niinistö habe ich Finnland die volle Unterstützung der Bundesregierung zugesichert", twittert der Bundeskanzler.
Auch Dänemark, Litauen und Estland heißen die Erklärung der finnischen Führung willkommen. "Ich freue mich über diesen großen historischen Tag!", schrieb die litauische Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė auf Twitter. "Geschichte wird geschrieben von unseren nördlichen Nachbarn", schrieb ihre estnische Amtskollegin Kaja Kallas.
Finnland und die Nato:"Wir leben am Rand eines Vulkans"
In Finnland waren sie immer stolz auf ihre Bündnisfreiheit. Aber dann griff Putin die Ukraine an - und ein paar Gamer in Espoo sammelten Unterschriften für einen Nato-Beitritt. Der Rest könnte jetzt sehr schnell gehen.
Wie zu erwarten fiel die Reaktion aus Moskau auf den angestrebten Nato-Beitritt Finnlands weniger positiv aus. Die russische Führung wertet die von Finnland angestrebte Mitgliedschaft in der Nato "definitiv" als Bedrohung für die eigene Sicherheit. "Eine abermalige Ausweitung der Nato macht unseren Kontinent nicht stabiler und sicherer", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax.
Das Außenministerium in Moskau beklagte einen "radikalen Wechsel des außenpolitischen Kurses" in Helsinki. Ein Beitritt des Nachbarn zur Nato werde den russisch-finnischen Beziehungen schweren Schaden zufügen. "Russland wird gezwungen sein, entsprechend zu antworten - in militärisch-technischer und in anderer Hinsicht -, um den Gefahren mit Blick auf seine nationale Sicherheit Rechnung zu tragen", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums.
Finnland und Schweden sind bislang enge Partner der Nato, allerdings keine offiziellen Mitglieder. Russlands Einmarsch in die Ukraine und die dadurch rapide veränderte Sicherheitslage in Europa haben in den beiden EU-Ländern jedoch intensive Debatten über einen Nato-Beitritt ausgelöst. Finnland hat eine mehr als 1300 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit Russland, Schweden ist ebenso Ostsee-Anrainer wie das große Russland. Die drei anderen nordischen Länder Dänemark, Norwegen und Island gehören bereits seit der Gründung 1949 dem Bündnis an.
Zuletzt sprachen sich in einer finnischen Umfrage 76 Prozent für einen Beitritt aus
Niinistö galt lange Zeit als eine Art Bindeglied zwischen der EU und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Ukraine-Krieg hat die Situation aber grundlegend verändert. In finnischen Umfragen gab es dadurch einen drastischen Meinungsumschwung hin zu einem Nato-Beitritt, zuletzt sprachen sich 76 Prozent der Befragten für einen solchen Schritt aus. Auch mehrere Parteien haben ihre Unterstützung für einen entsprechenden Antrag signalisiert.
Niinistös Wort hat Gewicht in seinem Land. Er und die Regierung entscheiden letztlich auch gemeinsam, ob Finnland einen Nato-Antrag stellen wird. Auf dem Weg dorthin hatte die Regierung im April eine Sicherheitsanalyse veröffentlicht, in der Vorteile und Risiken einer möglichen Mitgliedschaft beleuchtet werden - ohne jedoch einen Standpunkt für oder gegen einen entsprechenden Antrag einzunehmen.
In Schweden wird am Freitag eine eigene sicherheitspolitische Analyse veröffentlicht. Am Wochenende wollen dann die regierenden Sozialdemokraten in Schweden unter Ministerpräsidentin Magdalena Andersson ihre aktuelle Nato-Position präsentieren. Entscheiden sie sich für einen Beitritt, wären das entscheidende Bausteine auf dem Weg hin zu einem Nato-Antrag des Landes. Schwedens Außenministerin Ann Linde und Finnlands Außenminister Pekka Haavisto sind am Samstag zudem auf einem Nato-Treffen in Berlin. Kommende Woche reist Niinistö schließlich zu Schwedens König Carl XVI. Gustaf.