Finanztransaktionsteuer:FDP kehrt Beweislast um

Die Liberalen glauben nach wie vor nicht, dass eine Finanztransaktionsteuer im Alleingang machbar ist, ohne Riester-Sparer und die Wirtschaft zu belasten. Jetzt aber haben sie keine Lust mehr, sich dafür verprügeln zu lassen. Soll doch die Opposition zeigen, dass es geht.

Thorsten Denkler, Berlin

Die Oppositionsparteien hatten es immer leicht, die FDP zu stellen. Die wolle die Finanztransaktionsteuer nicht. Deshalb sei sie dafür verantwortlich, wenn in Europa bis heute die Verursacher der Finanz- und Banken-Krisen nicht zur Kasse gebeten würden.

Allerdings hat es die FDP der Opposition auch leicht gemacht. Ihre Forderung, sie werde dieser Steuer auf Börsenumsätze nur zustimmen, wenn alle 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zustimmten, kam einem faktischen Nein gleich.

Die Nase voll

Die Liberalen scheinen jetzt die Nase voll zu haben. Sie wollen sich offenbar nicht länger in die Ecke der No-Fraktion drängen lassen. Ihr finanzpolitischer Sprecher Volker Wissing hat deshalb jetzt ein kurzes aber durchschlagendes Eckpunkte-Papier verfasst, das SZ.de vorliegt. Darin formuliert er drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die FDP einer Finanztransaktionsteuer zustimmen kann.

Das alte Credo, wonach alle 27-EU-Staaten mit im Boot sein müssen, hat er zwar aufgenommen, aber mit dem Wörtchen "möglichst" erheblich entkräftet. Zu SZ.de sagt Wissing, ihm sei ohnehin egal, ob nun ein, neun, elf oder 27 Staaten dabei sind. Wichtig sei ihm lediglich, ob die beiden anderen Forderungen erfüllt werden. Erstens: Riester-Sparer dürfen durch die Finanztransaktionsteuer nicht belastet werden. Zweitens: Es darf nicht zu einer Kapitalflucht aus Deutschland und einer Mehrbelastung der Realwirtschaft kommen.

"An uns soll es nicht scheitern"

Beim Schutz der Riester-Sparer kommt Wissing den Befürwortern der Steuer sogar noch etwas entgegen. Sollte es technisch unmöglich sein, Kleinsparer vor höheren Kosten durch die Finanztransaktionsteuer zu schützen, dann müssten diese eben "dauerhaft und vollständig auf andere Weise entlastet" werden.

Das sind alles keine neuen Forderungen. Mit der Neuformulierung der Bedingungen schiebt die FDP den Ball ins Feld der Opposition. Soll die doch beweisen, dass die Probleme Kapitalflucht und Riester-Sparer in einem nationalen Alleingang zu lösen seien. Wissing: "An uns soll es nicht scheitern, wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind." Allerdings, schränkt er ein, falle ihm "spontan nicht ein", wie das gehen soll.

Die SPD ist sich nicht sicher, was sie von alledem halten soll. "Die FDP will Bewegung simulieren. Ob es Bewegung ist, wird festzustellen sein", sagt SPD-Finanzexperte Joachim Poß zu SZ.de.

"Total ungeeignet"

Dafür gibt es schon morgen früh Gelegenheit. Dann trifft sich die interfraktionelle Arbeitsgruppe, um ein Kompromisspaket in Sachen Fiskalpakt auszuhandeln. Die Bundesregierung ist hier auf die Stimmen der Opposition angewiesen. Der Fiskalpakt muss mit Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Poß hält aber das Wissing-Papier für "total ungeeignet", um allein daraus eine Verhandlungslinie Deutschlands gegenüber den anderen europäischen Ländern zu entwickeln. Allerdings ist er gar nicht so weit von der FDP entfernt. Riester-Sparer und Real-Wirtschaft will auch Poß nicht belasten. Jetzt muss nur noch ein Weg gefunden werden, wie das gehen kann.

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