Finanzstreit:Bund will Ländern mit Milliarden helfen

Bundeskanzler Olaf Scholz

Kann Kanzler Olaf Scholz den Finanzstreit mit den Bundesländern beilegen? Es bahnen sich schwierige Verhandlungen an.

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Kanzler Olaf Scholz will beim Treffen am Mittwoch laut einem internen Papier auf die Ministerpräsidenten zugehen und Milliardenhilfen anbieten. Ob sich der Streit so beilegen lässt, ist aber offen. Die Länder fordern deutlich mehr.

Von Markus Balser, Daniel Brössler und Nicolas Richter, Berlin

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch bahnen sich schwierige Verhandlungen zwischen den Länderchefs und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an. Einer Beschlussvorlage des Kanzleramts zufolge will Scholz mit Milliardenzahlungen auf die verärgerten Länder zugehen. Allerdings bleiben die Krisenhilfen für die Länder in mehreren Bereichen deutlich hinter den Forderungen der Landesregierungen zurück. Eine Einigung galt dennoch als wahrscheinlich. Man fahre mit größerer Zuversicht nach Berlin als beim letzten Treffen Anfang Oktober, hieß es in einer Landesregierung.

Besonders umstritten blieb aber bis zuletzt die Höhe der Hilfen für die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Bundesregierung will Länder und Kommunen der Beschlussvorlage zufolge nun mit insgesamt 4,25 Milliarden Euro im laufenden und im kommenden Jahr unterstützen. Das geht aus dem Papier hervor, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Für die Aufnahme von Geflüchteten will der Bund demnach im laufenden Jahr zusätzliche 1,5 Milliarden Euro bereitstellen. Für 2023 sind Mittel in gleicher Höhe für den Umgang mit Flüchtlingen aus der Ukraine vorgesehen. Für 2023 bringt der Bund zudem eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro ins Spiel, die Länder und Kommunen bei ihren Kosten bei der Aufnahme von Geflüchteten aus anderen Staaten unterstützen soll. "Über die weitere Entwicklung werden Bund und Länder Ostern 2023 sprechen", heißt es in dem Entwurf.

Eine Lücke von zehn Milliarden Euro

Allerdings fällt aus Ländersicht auch der neue Vorschlag des Kanzlers zu gering aus. Denn die Landesregierungen kommen ihrerseits bei Berechnungen auf Gesamtkosten von mehr als 15 Milliarden Euro für dieses und das nächste Jahr. Damit klafft zum Start der Verhandlungen in Berlin an diesem Mittwoch noch immer eine Lücke von rund zehn Milliarden Euro zwischen der Offerte des Kanzleramts und den Forderungen der Länder.

Auch beim Streit um Hilfen für den angeschlagenen Nahverkehr ist noch keine Lösung gefunden worden. Allerdings bewegt sich die Bundesregierung auf die Länder zu. Dem Papier zufolge ist die Bundesregierung bereit, die Nahverkehrsmittel um eine Milliarde Euro für die nächsten zwei Jahre zu erhöhen. Die Länder fordern bislang 1,5 Milliarden Euro und zudem Zugriff auf weitere milliardenschwere Hilfen. Kommt es am Mittwoch nicht zu einer Einigung, ist fraglich, ob die Länder bereit sind, bei der Einführung eines bundesweiten Nahverkehrstickets, dem Nachfolger des Neun-Euro-Tickets, mitzumachen.

Verkehrsverbände erhöhten am Dienstag den Druck, zu einer Einigung zu kommen. "Wir brauchen von den Länderchefs und der Bundesregierung jetzt endlich eine tragbare Lösung für die Gesamtfinanzierung unserer Branche", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, am Dienstag. "Wir sehen bereits erste kostenbedingte Einschränkungen beim Bus- und Bahnangebot, bald wird es flächendeckende Abbestellungen geben." Die Allianz pro Schiene sprach von einer Richtungsentscheidung für die Mobilität der Zukunft.

Warnungen vor einer "Winterlücke"

Heftige Debatten drohen bei dem Treffen am Mittwoch auch über die Entlastung bei den Gaspreisen. Denn die Länder kritisieren bislang, dass die sogenannte Gaspreisbremse zu spät greift. Hier fürchten sie eine "Winterlücke" zwischen der Übernahme der Abschlagszahlung im Dezember und dem Start der Gaspreisbremse im März. Besonders kleine und mittlere Unternehmen könnten demnach angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreisen in Schwierigkeiten geraten. Zwar wird eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 vom Kanzleramt "angestrebt", dies lasse aber einkommensschwache Haushalt zunächst allein, hieß es aus den Ländern. Sie fordern, die Maßnahme auf den Jahresanfang vorzuziehen. Bund und Länder stehen nach einem erfolglosen Treffen unter Druck, an diesem Mittwoch Ergebnisse zur Finanzierung der geplanten milliardenschweren Entlastungsmaßnahmen zu liefern.

Die Bundesregierung will außerdem den Strompreis für Privathaushalte ab Anfang kommenden Jahres bei 40 Cent pro Kilowattstunde deckeln. Dies soll der Vorlage zufolge für ein Grundkontingent von 80 Prozent des Jahresverbrauchs gelten. Insgesamt ist für Kanzler Scholz und Finanzminister Christian Lindner (FDP) entscheidend, Mehrbelastungen über den 200-Milliarden-"Doppelwums" hinaus zu vermeiden.

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