Finanzhilfen für Athen:Pokerspiel um die Griechen-Rettung

Streit bei den Kreditgebern der Griechen: Reichen die Einsparungen tatsächlich aus um den extrem hohen Schuldenberg des Landes abzubauen? Die Troika zumindest bezweifelt das. Und Berlin lehnt einen zweiten Schuldenschnitt strikt ab.

Cerstin Gammelin, Brüssel, und Claus Hulverscheidt, Berlin

Die Entscheidung über die Auszahlung weiterer Kredite an die von der Pleite bedrohte griechische Regierung wird sich erneut verzögern. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, wird der Lagebericht der sogenannten Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) wohl erst in der zweiten Oktoberhälfte vorliegen. Er dient als Grundlage für einen Beschluss. Ursprünglich sollten die Finanzminister der Euro-Länder bereits am 8. Oktober darüber beraten. Eine Entscheidung sollte am 19. Oktober beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder fallen.

Retired military officers demonstrate in central Athens

Bereits 2011 verzichteten private Banken auf Forderungen in Höhe von 107 Milliarden Euro, damit der Schuldenberg bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken kann.

(Foto: dpa)

Die erneuten Verzögerungen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die finalen Verhandlungen erst jetzt begonnen haben - und alle Unterhändler hoch pokern. So erklärte der griechische Finanzminister Giannis Stournaras am Freitag, er hoffe, die Verhandlungen über das neue, 11,6 Milliarden Euro umfassende Spar- und Reformpaket für die Jahre 2013/14 noch im Tagesverlauf abschließen zu können. Unterhändler der Troika entgegneten umgehend, es gebe zwar "substanzielle Fortschritte", aber noch sei nichts beschlossen.

Die Chefs der Troika reisen an diesem Wochenende aus Athen ab, damit die Kreditgeber die erfassten Daten nachrechnen können. Ende kommender Woche wird das Thema in der Euro-Gruppe der Finanzminister besprochen. Anschließend soll die Troika-Mission fortgesetzt werden. Der Streit dreht sich darum, ob die von Athen zugesagten Maßnahmen wirklich ausreichen. Vor allem aber ist unklar, wie es Griechenland gelingen kann, seinen extrem hohen Schuldenberg abzubauen.

Bundesregierung ist strikt gegen neuen Schuldenschnitt

Bereits 2011 verzichteten private Banken auf Forderungen in Höhe von 107 Milliarden Euro, damit der Schuldenberg bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken kann. Inzwischen zeichnet sich jedoch ab, dass dieses Ziel nicht erreicht werden dürfte.

Da jedoch weder die Bundesregierung noch der IWF dazu bereit ist, den Griechen über die bisher gemachten Zusagen hinaus Geld zu leihen, wird nun händeringend nach weiteren Finanzierungsquellen gesucht. Es gebe allerdings kaum noch große Sparposten, hieß es in Troika-Kreisen. Deshalb prüfe man, ob das Loch im Sanierungsprogramm "mit Hilfe vieler kleiner Maßnahmen geschlossen werden kann".

Eine theoretisch denkbare Möglichkeit wäre ein zweiter Schuldenschnitt, der hinter den Kulissen sowohl von Banken als auch von der Politik bereits diskutiert wurde. Deutschland lehnt die Idee strikt ab, da diesmal auch die öffentlichen Gläubiger, also die Euro-Länder, Ansprüche abschreiben müssten. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsste also ausgerechnet im aufziehenden Bundestagswahlkampf den Bürgern erklären, dass erstmals seit Beginn der Krise Steuergelder in zweistelliger Milliardenhöhe verloren wären.

"Wir haben schon einen sehr beeindruckenden Schuldenschnitt durchgeführt", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. "Weitere Fragen stellen sich nicht." Ressortchef Wolfgang Schäuble sprach von einer "schädlichen Diskussion".

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