Fifa-Präsident:Von Sepp Blatter gelernt

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Der neue Verbands-Chef Gianni Infantino entstammt dem alten Regiment des Weltfußballs. Er hat für die gesperrten Blatter und Platini gearbeitet. Mal sehen, wie sich das auswirken wird.

Von Thomas Kistner

Gewonnen hat der Meistbietende: Gianni Infantino heißt der neue Präsident des Fußball-Weltverbands Fifa. Monatelang hatte der Mann, der wie sein Amtsvorgänger Sepp Blatter aus dem Oberwallis stammt, im Privatjet den Globus umkreist und der Fußballwelt noch mehr Reichtümer versprochen: 1,2 Milliarden Dollar will er verteilen. Das ist ambitioniert angesichts der ökonomischen Talfahrt, auf der sich die Fifa gerade befindet. Und Infantino will das WM-Turnier von 32 auf 40 Teams aufstocken, damit auch Guam und Guinea vom Platz auf der Showbühne träumen dürfen. Der neue Strahlemann lädt alle ein - wie einst Blatter.

Infantino entstammt dem alten Verbandssystem. Die Europäische Fußball-Union Uefa, deren Generalsekretär er bis Freitag war, hat sich unter ihm (und dem wie Blatter gesperrten Präsidenten Michel Platini) in eine Art Fifa light verwandelt. Affären wurden unter den Teppich gekehrt, bei Wahlen wurden die dubiosesten Kollegen umgarnt. Infantino hat bei Platini gelernt, und Platini lernte bei Blatter. So einfach funktioniert eine Welt, die nur die Sprache des Geldes kennt.

Trotzdem sind nach dem Sonderkongress von Zürich zwei Dinge zu begrüßen. Erstens: Infantino war noch die beste Option. Widerpart Salman al-Khalifa aus Bahrain ringt mit Vorwürfen zu Menschenrechtsverletzungen; schon im Wahlkampf demonstrierte der Scheich aus der Golfmonarchie, dass er Offenheit und Transparenz im Stile seiner Medienanwälte interpretiert. Salmans Kür hätte die Fifa noch mehr beschädigt. Zweitens beschlossen die Delegierten ein Reformpaket, das helfen wird, die traditionellen Durchstechereien einzudämmen. Kürzere Amtszeiten sowie mehr Gewaltenteilung zwischen Haupt- und Ehrenamt machen es schwieriger, ein Herrschaftssystem zu etablieren wie in den Dekaden unter Blatter.

Ohne Reformen wäre die Fifa zur Mafiaorganisation erklärt worden

Zwar hat die selbsternannte Fifa-Familie diese Ära längst nicht überwunden. Aber die Botschaft der amerikanischen Strafermittler ließ keine Alternative, US-Justizministerin Loretta Lynch hat klargestellt: Ist die Fifa nicht einmal willens, ihr löchriges Statutenwerk zu überholen, das zu Korruption geradezu einlud - dann ist ihr nicht mehr zu helfen. Die Fifa wäre von den Amerikanern als kriminelle Organisation nach dem Rico-Mafiagesetz eingestuft worden, auf dessen Basis die US-Justiz ermittelt. Und der neue Präsident hätte den Laden gleich dichtmachen können.

Beseitigt hat die Inthronisierung des Neuen diese Gefahr keineswegs. Infantinos größte Aufgabe wird sein, dem Verband in den laufenden Korruptionsverfahren den Opferstatus zu bewahren: Die Fifa als Opfer krimineller Geschäftemacher in ihren Gremien. Das geht nur über bedingungslose Kooperation mit allen Behörden. Und dazu gehört, die Reformen rasch umzusetzen. Wie geduldig Papier ist, weiß man nirgendwo besser als in dieser Institution - die übrigens manche Reform gern früher implementiert hätte, wäre das nicht just am heftigen Widerstand von Infantinos Uefa gescheitert.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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