Süddeutsche Zeitung

Festnahmen:De Maizière: Terrorverdächtige hatten Bezug zu Paris-Attentätern

  • Bei Anti-Terror-Razzien sind drei Syrer in Schleswig-Holstein festgenommen worden, sie lebten in kommunalen Flüchtlingsunterkünften.
  • Ihnen wird vorgeworfen, im Auftrag der Terrormiliz IS nach Deutschland gekommen zu sein.
  • Innenminister de Maizière sagte, bei den festgenommenen Syrern könnte es sich um eine "Schläferzelle" handeln.

Die drei mutmaßlichen IS-Mitglieder im Alter zwischen 17 und 26 Jahren, die am Vormittag in Norddeutschland verhaftet wurden, weisen Bezüge zu den Attentätern der Anschläge von Paris im November auf. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière bei einer Pressekonferenz in Berlin. Es spreche alles dafür, dass die drei Männer von der gleichen Schlepperorganisation nach Europa gebracht worden seien wie die Attentäter von Paris. Ebenso spreche alles dafür, dass deren Reisedokumente aus derselben Werkstatt stammen. Die Syrer seien im November 2015 über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland eingereist.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurden die Verdächtigen in Ahrensburg und Großhansdorf östlich von Hamburg sowie in Reinfeld nahe Lübeck gefasst, wo sie in kommunalen Flüchtlingsunterkünften lebten. Zuvor hatte die Welt (online) berichtet, bei den Razzien seien drei Flüchtlingsunterkünfte und mehrere Wohnungen durchsucht worden.

Ob, wo und wie häufig die drei Männer in Europa registriert wurden, sagte de Maizière nicht. Er wies darauf hin, dass der IS nicht auf Flüchtlingsströme angewiesen sei, um Menschen nach Europa zu bringen. Wenn IS-Mitglieder sich registrierten, womöglich sogar mehrfach wie zwei der Attentäter von Paris, dann wolle die Terrororganisation damit gezielt Verunsicherung in Europa und Deutschland schüren. Es sei falsch, Flüchtlinge generell unter Terrorverdacht zu stellen.

Ausbildung im Umgang mit Waffen und Sprengstoff

Die Syrer stehen nach Angaben der Bundesanwaltschaft im Verdacht, im Auftrag der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) im November 2015 nach Deutschland gekommen zu sein, "um entweder einen bereits erhaltenen Auftrag auszuführen oder sich für weitere Instruktionen bereitzuhalten", sagte der Innenminister. Es könne sich somit um eine "Schäferzelle" handeln.

Konkrete Hinweise auf Anschlagsplanungen habe es aber nicht gegeben. De Maizière betonte, dass von den Männern zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr ausgegangen sei. Sie seien monatelang observiert worden. Man habe aber den richtigen Moment abwarten müssen, "damit auch ein Haftbefehl trägt".

Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, soll der 17-Jährige vom IS eine kurze Ausbildung im Umgang mit Waffen und mit Sprengstoff bekommen haben. Er soll mit den zwei weiteren Beschuldigten über die Türkei und Griechenland Mitte November 2015 mit falschen Pässen nach Deutschland eingereist sein und vom IS "höhere vierstellige Bargeldbeträge in amerikanischer Währung" sowie Mobiltelefone mit vorinstalliertem Kommunikationsprogramm erhalten haben.

Die Festgenommenen werden dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der ihnen die Haftbefehle eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden wird, so die Bundesanwaltschaft.

Die Sicherheitslage in Deutschland ist ernst

Die Sicherheitslage in Deutschland sei nach wie vor unverändert ernst, sagte de Maizière, die Gefahrenlage halte an. Im Blick der Sicherheitsbehörden seien Einzeltäter unterschiedlicher Art. Es gebe Einzeltäter, die "ferngesteuert" seien, und solche, die durch terroristische Strukturen außerhalb Deutschlands "inspiriert" würden. Dazu gebe es Rückreisende aus Krisengebieten, die mit Kampferfahrung nach Deutschland zurückkehrten und sogenannte Hit-Teams, also "aus dem Ausland konspirativ nach Deutschland eingereiste Personengruppen".

Im Jahr 2016 seien 415 Hinweise auf Flüchtlinge mit terroristischem Hintergrund eingegangen, teilte das BKA auf Twitter mit. Die Mehrzahl der Hinweise sei unzutreffend. Insgesamt habe man 63 Ermittlungsverfahren eingeleitet.

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