Energie:Milliarden für die grüne Heizung

Energie: Das Heizkraftwerk Lichterfelde versorgt Haushalte mit Strom und Fernwärme

Das Heizkraftwerk Lichterfelde versorgt rund 100 000 Haushalte im Süden Berlins mit Strom und Fernwärme.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Fernwärme ist ein zentraler Baustein, um von Öl und Gas wegzukommen. Mit Geld vom Bund setzen nun viele Kommunen auf erneuerbare Quellen wie Geothermie oder Flusswärmepumpen.

Von Thomas Hummel

Es wirkte, als ginge ein Stoßseufzer der Erleichterung durch viele kommunale Wärmeerzeuger und ihre Verbände. Endlich hat die EU-Kommission am Dienstag ein Programm der Bundesregierung genehmigt, fast drei Milliarden Euro an Zuschüssen zu vergeben, wenn ein Betrieb in die sogenannte grüne Fernwärme investieren will. Es ist ein essenzieller Baustein, um die Wärmeerzeugung für Gebäude und Wasser von Erdgas und Öl zu lösen. Fürs Klima, aber auch, um sich aus Russlands fossilem Klammergriff zu befreien.

"Seit zwei Jahren warten die Wärmeversorger in Deutschland händeringend auf das Förderprogramm", sagte Werner Lutsch, Geschäftsführer des Branchenverbands AGFW. Für den Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, ist die EU-Genehmigung ein "erster, wichtiger Schritt für die kommunale Wärmewende". Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schwärmte von einer sehr guten Nachricht und sieht viele Kommunen "in den Startlöchern, um die Wärmeversorgung umzustellen".

Während die strombasierte Wärmepumpe vor allem bei Einfamilienhäusern attraktiver wird, gilt die Fernwärme in dichtbebauten Städten als Schlüssel für den Klimaschutz. Damit sollen ganze Quartiere, vielleicht sogar ganze Städte CO₂-neutral beheizt werden.

Warmes Wasser im Untergrund gibt es vielerorts zuhauf

Die Stadtwerke München zum Beispiel versuchen, bis 2032 die Grundlast der Wärmeversorgung der Millionenstadt durch Geothermie zu decken. Warmes Wasser im Untergrund gibt es zuhauf, doch die Investitionskosten sind hoch. Die Mannheimer MVV Energie AG startete im April ein Projekt, in dem das Unternehmen das Wasser des Rheins anzapft, um mittels einer Flusswärmepumpe mehrere Tausend Haushalte mit Wärme zu versorgen. Pläne für Großwärmepumpen gibt es auch in Stuttgart, Berlin und Rosenheim. Städte wie Dortmund wollen von der Prozesswärme heimischer Industrieanlagen profitieren, andere legen Leitungen zu örtlichen Müllverbrennungsanlagen.

Hannovers grüner Oberbürgermeister Belit Onay verkündete im April, dass in der Innenstadt ganze Straßenzüge auf grüne Fernwärme umgestellt werden sollen. Ein Mix aus verschiedenen Quellen soll das Problem lösen, etwa Anlagen für die Verbrennung von Klärschlamm und Altholz sowie Abwärme von örtlichen Papier- oder Zementherstellern.

Fernwärme heizt nach Zahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) etwas mehr als 14 Prozent der deutschen Gebäude. Tendenz leicht steigend. Dabei ist sie per se nicht klimaneutral. Laut BDEW speiste sie sich im Jahr 2021 fast zur Hälfte aus Gaskraftwerken und zu einem Fünftel aus Kohle. Nur 17,3 Prozent stammten aus erneuerbaren Quellen. Auch neue Projekte wie etwa in Leipzig oder Hamburg basieren auf Kraft-Wärme-Kopplung mit Erdgas. Hamburgs FDP-Vorsitzender Michael Kruse forderte zuletzt den rot-grünen Senat angesichts der Preisentwicklung für Gas auf, die Pläne für das neue Kraftwerk zu stoppen.

Bislang hatte die Fernwärme ohnehin häufig ein Kostenproblem. Erstens, weil es die Kunden fast immer mit einem örtlichen Monopolisten zu tun haben. Zweitens, weil das Gas aus Russland unschlagbar billig war. Das ändert sich jetzt und die Fernwärme wird konkurrenzfähig.

Der Bund fördert nun sowohl neue "grüne" Projekte wie auch die Umstellung bereits bestehender Anlagen, um Fernwärme klimaneutral zu produzieren. Denn bislang scheuten sich viele Unternehmen vor den Kosten oder setzten Pläne nur teilweise um. Soll Wärme bis 2030 zu 45 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommen, liege der Investitionsbedarf laut einer Studie des Verbands AGFW bei 33 Milliarden Euro. Nun hat die Bundesregierung ihr Ziel sogar auf 50 Prozent hochgesetzt, zudem steigen überall die Kosten. Und so halten die Verbände den Förderbetrag des Bundes von drei Milliarden Euro bis 2028 schon wieder für überholt.

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