Süddeutsche Zeitung

Fernsehduell im Südwest-Wahlkampf:Kretschmann bodenständig, Wolf aggressiv, aber ohne eigenes Konzept

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Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Wenn Winfried Kretschmann am 13. März die Wahl verliert, wird er - für seinen Enkel ein Schaukelpferd basteln. Wenn Guido Wolf am 13. März die Wahl verliert, wird er - sich um das Amt des VfB-Trainers bewerben. Sie sollten Humor beweisen am Ende ihres 45-minütigen Duells im Fernsehsender SWR, Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident und sein Herausforderer von CDU, so wollte es der Moderator mit dieser Frage. In ihren Antworten schienen tatsächlich die beiden Charaktere durch: Kretschmann eher erdverbunden, Wolf durchaus charmant, aber manchmal sinnfrei in seiner Witzigkeit.

Was ist das eigentlich für ein Mensch, dieser Wolf? Die Baden-Württemberger können immer noch wenig anfangen mit diesem Kandidaten. Am Tag des Rededuells wurde eine neue Umfrage von Infratest dimap publik, in Auftrag gegeben von SWR und Stuttgarter Zeitung. Sie bestätigte: Wolf macht keinen Stich im direkten Vergleich. Im Vertrauen auf seine Glaubwürdigkeit parierte Kretschmann Wolfs Angriffe auch beim Thema schlechthin, Flüchtlinge und innere Sicherheit.

Immer wieder kritisiert Wolf Kretschmann als Zauderer

Man konnte manchmal den Eindruck gewinnen, ihn treibe seit 2011 nichts anderes um, als Flüchtlingszahlen zu begrenzen oder Polizei und Verfassungsschutz zu stärken. Wolf wies süffisant darauf hin, der Ministerpräsident entdecke so kurz vor der Wahl plötzlich den Hardliner in sich. Immer wieder kritisierte er ihn als Zauderer, der von den Ereignissen getrieben werde: "Warum sind Sie da nicht ehrgeiziger und besser unterwegs?" Aber der CDU-Kandidat kann Kretschmanns Haltung - humanitär, aber nicht illusionär - nichts Gleichwertiges entgegensetzen. "Zwischen Merkel und Seehofer" verortet Wolf sich selbst. Aber was er in dem Raum genau will, außer mehr Restriktionen gegen Flüchtlinge, das kann er nicht so recht vermitteln.

Auf zehn Prozent kommt die AfD in der Umfrage vom Donnerstag, ihr Aufstieg geht hauptsächlich auf Kosten von Wolfs CDU, die auf 35 Prozent sank, und der SPD, die mit 15 Prozent einen neuen Tiefpunkt auslotet. Die Grünen kletterten auf 28 Prozent. Grün-Rot hat keine eigene Mehrheit, aber die Meinungsforscher sagen: Die Mehrheit der Baden-Württemberger wünscht sich weiterhin eine von Kretschmann geführte Regierung. Daran dürfte sich nach dem TV-Duell nichts geändert haben.

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SZ vom 15.01.2016
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