Ferienwohnungen:Unwillkommene Gäste

New York, Paris, Amsterdam - die großen Metropolen kämpfen schon lange gegen illegal online vermietete Wohnungen. Berlin wird nun rigoros - und setzt auf Augen und Ohren der Nachbarn.

Von Jens Schneider

Verdächtig ist, wenn am Klingelschild nur eine Nummer steht. Argwohn müssen auch Namen toter Berühmtheiten auslösen. So wurden in Prenzlauer Berg neben Klingelknöpfen die Namen "Mandela" und "Picasso" entdeckt. Da ist zu vermuten, dass dort eine Ferienwohnung angeboten wird. Viele Wohnungen werden privat an Touristen über Internetportale wie Airbnb vermietet. In Berlin wird es auch dadurch immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Die Stadt geht nun noch entschiedener gegen solche Vermieter vor - und reiht sich ein in einen Kampf, den weltweit auch andere Metropolen führen. In New York hat Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman 2014 in einem Gutachten festgestellt, dass viele Offerten von Anbietern bei Airbnb illegal seien. New York fährt einen harten Kurs. In Paris werden so viele Wohnungen über das Unternehmen angeboten wie nirgends sonst, dort begrenzen Gesetze die Vermietung auf bis zu vier Monate. Amsterdam wiederum hat sich mit Airbnb auf eine Lösung verständigt, die Vermietungen begrenzt zulässt.

In Berlin haben private Vermieter 6300 Ferienwohnungen angemeldet. Der Senat schätzt aber, dass es 12 000 sind, oft werde illegal vermietet. Damit werde dauerhafter Wohnraum für 20 000 Menschen verhindert. Im am stärksten betroffenen Bezirk Mitte geht der Stadtrat Stephan von Dassel davon aus, dass die Zahlen sogar höher liegen. Es ist lukrativ, immer nur für Tage zu vermieten. Vermieter könnten "Pi mal Daumen dreimal so viel einnehmen", sagt der Grünen-Politiker.

Mit viel Aufwand und Personal bekämpfen er und Kollegen die Umwandlung regulärer Wohnungen in Urlaubsdomizile. Unterstützt wird er von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), dessen Behörde für die Umsetzung des "Zweckentfremdungsverbots" den Bezirken jetzt noch mehr Personal zur Verfügung stellt. Schon 2014 hat das Landesparlament ein rigoroses Gesetz verabschiedet, es vor Kurzem noch verschärft: Illegalen Anbietern drohen Geldbußen von bis zu 100 000 Euro. Die Stadt kann Internet-Portale zwingen, die Identität ihrer Anbieter preiszugeben. Doch damit nicht genug: Seit dieser Woche gibt es ein Online-Formular, mit dem Geisels Behörde die Berliner Bürger zu Fahndern machen will. Sie können Wohnungen und Vermieter melden, die möglicherweise "zweckentfremdet" wurden, auch anonym.

Airbnb setzt Imagekampagnen dagegen. Das Unternehmen präsentiert sich als Schmuckstück der "sharing economy", das Reisenden günstiges Wohnen unter Einheimischen ermögliche, wobei die Berliner sich etwas dazuverdienen könnten. Man bietet dem Senat Gespräche für eine Verständigung an.

Berlin sieht keinen Raum für Kompromisse. Ende April läuft eine Frist für die 6300 angemeldeten Wohnungen aus, und es soll wenig Ausnahmegenehmigungen geben, von fünf Prozent spricht Stadtrat von Dassel. Generell erlaubt ist die Vermietung einzelner Zimmer, wenn man selbst in der Wohnung lebt. Derzeit werden Zusatzkräfte für die Kontrolle rekrutiert. "Wir müssen alles tun", sagt der Senator, "um die Bezirke bei ihren Kontrollen zu unterstützen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: