FDP zum Koalitionsvertrag:Lindners böse Spitzen gegen die Bundesregierung

Pk zur Unterzeichnung des Koalitionsvertrages

FDP-Chef Lindner spricht in der Bundespressekonferenz über den Koalitionsvertrag - und hat zahlreiche böse Spitzen für die Bundesregierung parat.

(Foto: dpa)

Der FDP-Chef kritisiert den Koalitionsvertrag, er atme den Geist einer "absoluten Staatsfixierung".

Von Mike Szymanski, Berlin

Auf FDP-Chef Christian Lindner braucht die Kanzlerin in nächster Zeit wohl eher nicht zu zählen. Er wünscht am Montag der neuen Regierung zwar "Fortüne", als er vor die Hauptstadtpresse tritt. Aber je länger er redet und je häufiger er die Worte Glück und Erfolg in den Mund nimmt, desto hohler klingen sie. Die Frage-Antwort-Runde kommt auf die Person Merkel zu sprechen, da offenbart sich die tiefe Kluft zwischen ihm, Lindner, und ihr: der Kanzlerin.

Lindner wird gefragt, ob ohne Merkel vieles nicht leichter und besser wäre und ob er entschlossen sei, Merkel - sinngemäß - auszusitzen. Lindner sagt, die Fragen seien spekulativ. Dabei könnte er es belassen. Aber er schiebt nach, dass sich diese Fragen "jetzt" nicht stellten, "sondern nach einer nächsten Wahl". Lindner eben. Unter Merkel war die FDP 2013 nicht nur aus der Regierung herausgeflogen, sondern gleich auch aus dem Bundestag. Lindner stand damals vor den Trümmern seiner Partei.

Sein Agieren nach der Wahl 2017 und besonders in der Nacht des Scheiterns der Jamaika-Gespräche, seine späteren Dauerangriffe auf Merkel beim Versuch, erneut eine große Koalition zu bilden - all das hatte im Unionslager den Eindruck entstehen lassen, Lindner arbeite einzig und allein auf Merkels Ablösung hin.

Eine böse Spitze folgt auf die nächste

"Nicht schrill und erst recht nicht fundamental, sondern smart" möchte Lindner nun die Oppositionsrolle ausfüllen. Merkel bekommt dennoch gleich mal die Breitseite ab: Der mit der SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag sei schon aus der Zeit gefallen, bevor die neue Regierung offiziell das Arbeiten angefangen habe. Mit "Geld als Schmiermittel" habe Merkel es ein weiteres Mal vermocht, "eine Regierung zusammenzubauen, die sich vor klaren Richtungsentscheidungen zur Erneuerung des Landes drückt".

Der Koalitionsvertrag atme "den Geist einer absoluten Staatsfixierung", von den Bürgern werde nur als "Bedürftigen", "Schwachen" oder "Patienten" gesprochen. Eine böse Spitze folgt auf die nächste. Anders als in der Zeit der vergangenen großen Koalition, als lediglich Grüne und Linke die Oppositionsarbeit prägten, sei nun die FDP zurück im Bundestag. Seine FDP fühle sich der sozialen Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit, Weltoffenheit und Europa verpflichtet. "Alternative Position der Mitte" nennt Lindner das. "Wir werden sie jede Sitzungswoche durch Initiativen untermauern."

War Lindner in der Vergangenheit noch durch Lob für die Merkel-Kritiker innerhalb der Union aufgefallen, Jens Spahn (CDU) zum Beispiel oder Alexander Dobrindt (CSU), so zog er am Montag einen klaren Trennstrich. Seine Liberalen würden "für nichts weniger" zur Verfügung stehen als eine "konservative Revolution". Dafür hatte sich CSU-Landesgruppenchef Dobrindt ausgesprochen. Und ob Spahn sich mit seinen Positionen innerhalb der Union durchsetzen wird, müsse sich erst noch zeigen.

Woher all die Härte rührt? Ein Hinweis liefert Lindner zum Ende seines Auftritts. Bei den Jamaika-Verhandlungen hätte Merkel am Ende entscheiden müssen, wer sein Gesicht zu verlieren, sein Wort zu brechen habe - die Grünen oder die Liberalen. "Frau Merkel hat entschieden, das soll die FDP sein", erzählt Lindner. "Daran hatten wir keine Freude." Künftig dürfte Merkel wenig Freude an der FDP haben.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es im Vorspann, FDP-Chef Lindner habe gesagt, seine Partei strebe eine konservative Revolution an. Das ist falsch. Wir haben den Fehler inzwischen korrigiert.

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