Er war in einer für Politiker seltenen und äußerst angenehmen Lage: Philipp Rösler konnte sich den Luxus leisten, nicht drängeln zu müssen.
Nicht nur der junge Augenarzt selbst wusste, dass alles auf ihn hinauslaufen würde, eher früher als später. Also bremste das bundesweit vielleicht größte Nachwuchstalent der FDP nach der Landtagswahl vor einem Jahr: Nein, er werde seinen Förderer Walter Hirche nicht ablösen.
Doch jetzt passiert, was längst abgesprochen war: Am Montag kündigte Wirtschaftsminister Hirche seinen Rückzug zu seinem 68. Geburtstag am 13. Februar an. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will den bisherigen FDP-Fraktionschef als Hirches Nachfolger berufen.
Auch so wird Rösler, der am 24. Februar 36 Jahre alt wird, der derzeit drittjüngste Minister in Deutschland sein. Er setzt einen rasanten Aufstieg fort, dessen Geheimnis darin zu liegen scheint, dass er gerade nicht den vielen anderen Nachwuchspolitikern gleicht, die nach dem Lebensprinzip "Kreißsaal-Hörsaal-Plenarsaal" auf dem direkten Weg in die Politik nicht viel vom Leben sehen.
Phillip Rösler, der 1973 von seinen deutschen Eltern in einem Waisenhaus in Vietnam adoptiert wurde, wuchs in Hamburg, Bückeburg und Hannover auf. Er studierte zunächst Medizin und wurde Sanitätsoffizier bei der Bundeswehr.1992 trat er in die FDP ein.
Der damalige Landeschef Hirche entdeckte den charmanten, scharfzüngigen Jungen. Er machte ihn zunächst zum Generalsekretär. Seit 2003 steht Rösler an der Spitze der Landtagsfraktion, 2006 wurde er Parteichef. Er verdankt seinen Aufstieg auch der natürlichen Gabe, unbefangen selbstbewusst und doch unaufdringlich aufzutreten.
Er hat als junger Arzt gelernt, mit seiner Handpuppe Willi als Bauchredner Kindern die Befangenheit zu nehmen und setzt sie immer noch fröhlich ein. Doch in der politischen Debatte lehnt der junge Vater - die Zwillingstöchter kamen letzten Oktober zur Welt - Mätzchen ausdrücklich ab. Dennoch werfen Kritiker dem zuweilen nuschelnden Schnellredner mit der großen Auffassungsgabe bereits Oberflächlichkeit vor.
Als Wirtschaftspolitiker ist er noch nicht aufgefallen. Prägend war vielmehr seine Rolle als tragende Säule der schwarz-gelben Koalition. Mit CDU-Fraktionschef David McAllister ist er eng befreundet. Der Sprung ins Kabinett in Hannover ist vorerst eine Entscheidung gegen Berlin.
Rösler hätte längst, etwa als Generalsekretär, in die Bundespolitik einsteigen können. Die dort zuweilen künstliche Dauer-Aufregung aber ist ihm suspekt. Dass er über Hannover hinausblickt, zeigte ein Thesenpapier, in dem er die FDP aufforderte, sich inhaltlich breiter aufzustellen.
So dürfte dieser Posten nicht das Ende eines Aufstiegs sein, den er freilich durch einen Vorsatz selbst begrenzt hat. Mit 45 wolle er, sagt Rösler, mit der Politik aufhören. Die Politik verändere die Menschen, sagt er und meint damit, dass er nicht auf diese Art anders werden will.