Die FDP hat Christian Dürr zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Auf dem Parteitag in Berlin stimmten 82 Prozent der Delegierten für den 48-Jährigen. Der frühere Fraktionschef tritt somit in die Fußstapfen von Christian Lindner als Parteichef. Einen Gegenkandidaten gab es bei der Wahl nicht.
Dürr soll die FDP nach den schlechten Wahlergebnissen bei der Bundestagswahl aus ihrem Tief führen. In seiner Bewerbungsrede hatte er in Berlin seinen Plan skizziert, wonach die Liberalen inhaltlich Kurs halten sollen. Manche gäben der FDP nach den schlechten Wahlergebnissen den Ratschlag, sie solle weiter nach rechts rücken und „irgendwie konservativ werden“, sagte Dürr. Andere erklärten, der Wirtschaftsliberalismus habe sich längst überholt. „Diese Sirenenrufe - wir hören sie, aber wir folgen ihnen nicht“. Die Konsequenz aus der Wahl sei viel mehr, den Liberalismus zu stärken. Dürr rief die Liberalen zu Geschlossenheit auf und lehnte eine Kursänderung nach rechts strikt ab.
Lindner verabschiedete sich mit Attacken auf die CDU
Der scheidende Vorsitzende Lindner hatte sich am Nachmittag mit verbalen Angriffen auf die neue Bundesregierung von seiner Partei verabschiedet. Es sei gut für Deutschland, dass es durch die Bundestagswahl eine Richtungsentscheidung gegeben habe. „Paradoxerweise hat die Regierung Merz aber eine andere Richtung eingeschlagen, als die Wählerinnen und Wähler vorgegeben hatten“, sagte er beim Bundesparteitag.
„Die Wählerinnen und Wähler haben mehrheitlich gewählt: weniger Staat und mehr Freiheit. Geliefert wird jetzt: mehr Staat und mehr Schulden.“ Lindner warnte: „Wenn die Regierung Merz diese neue Fiskalpolitik nicht mit Reformen flankiert, dann wird diese Richtungsentscheidung zuerst ökonomisch wie ein Bumerang zurückkommen und danach auch an der Wahlurne 2029.“ Für seine Rede erhielt Lindner gut fünf Minuten begeisterten Beifall. Der Abschied falle ihm nicht leicht, gestand er.
Die FDP hatte bei der Bundestagswahl am 23. Februar nur 4,3 Prozent der Zweitstimmen geholt und ist seitdem nicht mehr im Bundestag vertreten. Dies war auch schon von 2013 bis 2017 der Fall. Damals hatte Lindner die Partei erst zurück in den Bundestag und dann 2021 in die Bundesregierung mit SPD und Grünen geführt, die aber vorzeitig zerbrach.
Wie Dürr sprach auch Lindner sich zuvor beim Parteitag vehement gegen einen Kurswechsel als Reaktion auf die Wahlniederlage aus. „Manche raten uns, den Standort in der politischen Landschaft zu wechseln. Mein Rat ist das nicht“, sagte er. „Die Zukunft der FDP liegt nicht in einem Schwenk nach links oder rechts. Sie liegt in einer politischen und personellen Erneuerung.“ Eine kritische Analyse der Gründe für das Wahldebakel lieferte Lindner nicht. Er sprach nur allgemein von Fehlern und vom Verlust an Zustimmung und Glaubwürdigkeit in der Ampelkoalition.
Der ebenfalls aus dem Amt scheidende stellvertretende FDP-Chef Johannes Vogel sieht die Liberalen in einem Überlebenskampf. Sie seien zum zweiten Mal in ihrer Geschichte nicht wieder in den Bundestag gekommen. „Das ist ein existenzbedrohender Einschnitt. Aber diese Partei lebt.“ Sie beginne beim Treffen in Berlin den Neubeginn. Nun mit Christian Dürr als neues Gesicht an der Parteispitze.