Einen grünenden Baum erwartet der FDP-Parteitagsbesucher nicht gerade zur Begrüßung. Doch er steht dort, ein paar Meter hinter dem Eingang, vor dem Plakat einer Großstadt. Eine 20 Jahre alte Bonsai-Eibe, schwärmt der Referent vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau, sie sei geeignet für kleine Gärten, nicht ganz billig. "Grün in die Stadt - Pflanzen statt Technik", steht auf einem Schild daneben. Fragt man den Referenten, warum sein Verband ausgerechnet beim Treffen der Freien Demokraten ausstellt und für das Pflanzen von Bäumen wirbt, fragt er verwundert zurück: "Wie soll das denn gelingen, wenn nicht durch Betriebe?"
Vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist angesichts der bundesweit steigenden Umfragewerte gerade viel von Aufbruchstimmung in der FDP die Rede. In der Aussteller-Halle am Samstag in Berlin manifestiert sich dieses Gefühl. Während nebenan über die Anträge zu Änderungen im Wahlprogramm diskutiert wird, präsentieren sich hier zahlreiche Firmen. Beim ersten Parteitag nach dem Auszug aus dem Bundestag im Jahr 2013 war hier die Bedeutungslosigkeit zu sehen gewesen: Es war leer. Im vergangenen Jahr mieteten immerhin knapp 30 Firmen einen Stand. Heute stellen 52 aus: Es flirten so viele Unternehmen mit der FDP wie seit Langem nicht.
Christian Lindner, am Freitag mit 91 Prozent als Vorsitzender bestätigt, hat die Partei in den vergangen vier Jahren thematisch breiter aufgestellt. Es soll nicht mehr nur um Steuersenkungen gehen, sondern auch um Bildung und Digitalisierung. Lindner bekannte sich in seiner Rede am Freitag aber auch zum klassischen Liberalismus. Dessen Werte - Freiheit für den Einzelnen, Freiheit für Unternehmer und Gründer - vermisst eine relevante Zahl an Bürgern zurzeit im Parlament. Die Partei, sagte Lindner, habe sich aus ihrer Traditionslinie heraus aktualisiert. Und die klassischen Empfänger solcher Botschaften hören wieder zu.
Audi und VW stellen in der gut gefüllten Halle ihre Limousinen aus, der TÜV ist da, am IBM-Stand kickern junge Männer im Anzug mit Einstecktuch. Beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes kann, wer das will, den beiden Europameistern der Zimmerer und Stuckateure bei der Arbeit zuschauen. Beim Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft streichelt ein Landwirt im Werbevideo in einer riesigen Zuchthalle Küken. Sie seien auf allen Parteitagen gewesen, sagt ein Sprecher: bei der SPD, bei der CDU. Nur bei den Grünen, da seien die Positionen leider festgefahren, die Diskussionen nichts weiter als ein Schaulaufen. Er halte die Ideen der FDP für pragmatisch - und die Liberalen für die beste Oppositionspartei in spe.
Unternehmer hoffen auf die Rückkehr der FDP
Gegenüber bei Airbus lässt sich FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms die neuen Modelle zeigen und dabei von einem PR-Fotografen ablichten. Alexander Reinhardt, der Vorstandsbeauftragte für Politik und Regierungsangelegenheiten, sagt, dass sein Unternehmen solche Veranstaltungen bei allen Parteien wahrnehme, der Nachwuchswerbung und des Dialoges wegen. Doch er gibt zu, dass sie im vergangenen Jahr noch auf einen Stand bei der FDP verzichtet hatten, obwohl Airbus zu den Parteispendern gehört. Warum sie dieses Jahr wieder da sind? "Wir glauben und hoffen, dass die FDP nicht bedeutungslos bleibt", sagt Reinhardt.
Der Gartenbau-Verband übrigens, sagt der Referent vor dem Bonsai-Baum, sei in den vergangenen Jahren der FDP treu geblieben, "auch in schlechten Zeiten". Die Städte müssten endlich mehr Aufträge vergeben, den Ideen der Branche mehr Raum geben, dafür setze sich die FDP ein. "Wir sind Unternehmer", sagt er, "deshalb fühlen wir uns hier wohl." Dass sich auch sehr viele Delegierte und Besucher an seinem Stand wohlfühlen, liegt allerdings weniger am Bonsai: Der Garten-Verband verschenkt Gummibärchen.