FDP: Ohne Ideen und Führung:Die Wortlosen

Die FDP findet einfach nicht aus dem Umfrageloch heraus - der Partei fehlt es an Ideen und Führung durch ihren Chef Westerwelle. Nur ja nicht wieder für Ärger sorgen, ist als Parole für die kommende Zeit zu wenig.

Peter Blechschmidt

Würde Guido Westerwelle das Kunststück fertig bringen, im Kopfstand mit den Beinen "Hurra" zu rufen, es trüge ihm keine Bewunderung, sondern nur schlechte Haltungsnoten ein. Der FDP- Vorsitzende, Außenminister und Vizekanzler kann machen, was er will: Es zahlt sich für ihn nicht aus. So wie Westerwelle geht es seiner Partei. Sie kommt aus dem Umfrageloch einfach nicht heraus.

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FDP-Chef Guido Westerwelle. Es entpuppt sich als Fehler, dass er bei der Regierungsbildung nach dem Auswärtigen Amt gegriffen hat.

(Foto: AFP)

Wo ist die FDP im Sommer 2010? Kein Wort zur Debatte über die Rente mit 67, als hätte man mit dem Konzept eines flexiblen Übergangs vom Arbeitsleben in die Rente nicht durchaus etwas zu bieten.

Den Streit über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken und über die Bundeswehrreform überlässt man dem Koalitionspartner Union. Die Liberalen sind froh, wenn öffentliches Gezänk mal ohne sie stattfindet.

Auf schier verlorenem Posten ficht der junge Gesundheitsminister Philipp Rösler. Und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers wackerer Kampf um eine saubere Regelung der Sicherungsverwahrung dürfte kaum ausreichen, die öffentliche Meinung zu beeindrucken.

Ein groß aufgemachtes Interview mit Westerwelle in Bild am Sonntag, das vor staatsmännischer Zurückhaltung fast lustlos wirkt, ist die einzig vernehmbare Wortmeldung der FDP in diesen Tagen - das sagt eine Menge aus über die Ratlosigkeit bei den Liberalen. Sie haben kein Gewinnerthema, mit dem sie sich profilieren könnten.

Gebannt schaut die FDP auf den Boom der Grünen. Aus Furcht, im Frühjahr 2011 die Regierungsbeteiligung in Stuttgart zu verlieren, empfiehlt die baden- württembergische Landesvorsitzende Birgit Homburger eine Strategie der Abgrenzung gegenüber Berlin à la CSU. Dabei muss sie allerdings ausblenden, dass sie als Vorsitzende der Bundestagsfraktion maßgeblich mitverantwortlich ist für das Chaos-Image der schwarz-gelben Regierung.

Die FDP hat keine Strategie, mit der sie ihre Misere überwinden kann. Nur ja nicht wieder für Ärger sorgen, ist als Parole für die nächsten Monate zu wenig. Löblich, aber schwierig wäre es, über solide Regierungsarbeit neues Vertrauen bei der Bevölkerung aufzubauen. Es bleibt das Prinzip Hoffnung, dass die Menschen die erfolgreiche Politik dann auch erkennen und honorieren.

Am schwersten hat es wieder einmal Westerwelle selbst. Es entpuppt sich als Fehler, dass er bei der Regierungsbildung nach dem Auswärtigen Amt gegriffen hat. An welchen Erfolgen will er sich dort messen lassen? Sein Versuch, die Abrüstung zu seinem Markenzeichen zu machen, scheitert. Dass in der Eifel 20 amerikanische Atombomben vor sich hinschlummern, kümmert außer ein paar Berufsdemonstranten kaum jemanden. Lieber sähe man eine Initiative des deutschen Außenministers, wenn es um Afghanistan und den Abzug der Bundeswehr vom Hindukusch geht.

Zugleich ist der Partei ihr zugkräftigster Innenpolitiker verlorengegangen. Auch wenn Westerwelle geradezu verzweifelt am Parteivorsitz festhält - er findet nicht zu alter Kraft zurück. Noch fordert niemand in der FDP offen die Trennung der Ämter in Partei und Regierung. Vielmehr wird beschworen, wie dankbar die Partei für die unter Führung Westerwelles erzielten Erfolge zu sein habe. Damit wird es rasch vorbei sein, wenn der Negativtrend nicht bald gestoppt ist.

Schon wird über eine Zeit nach Westerwelle nachgedacht. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der sich mit ein paar kernigen Sprüchen die Herzen vor allem der Marktwirtschaftler in der Partei zurückerobert hat, könnte als Übergangsvorsitzender dem charismatischen Generalsekretär Christian Lindner den Weg bereiten. Westerwelle könnte Außenminister bleiben. Somit hätte sich seine Ressortwahl dann doch als richtig erwiesen. Besser als die Rückschau sind diese Aussichten für die FDP allesamt nicht.

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