FDP: Pläne für Gesundheitsministerium:Daniel Bahr - Pony Nummer drei

Partei-Youngster Bahr soll für Rösler ins Gesundheitsressort wechseln - und ist damit auch oben angekommen. Auf dem Weg dahin zeigte der 34-Jährige der Union die Zähne und erarbeitete sich die Achtung der Lobbyisten: Nicht weil er so nachgiebig ist, sondern weil er weiß, wovon er redet.

Bernd Dörries, Düsseldorf

Vor einigen Monaten wurde Daniel Bahr gefragt, wie er denn die Dinge sehe, jetzt im Rückblick. Ob es denn damals eine gute Idee gewesen sei, Guido Westerwelle so viel Macht zu geben in der Partei, sich allein auf ihn zu verlassen.

Der scheidende FDP-Vorsitzende Bundesaußenminister Guido Westerwelle (r) mit dem nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden und bisherigen Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (l)

Ziehvater und Ziehsohn: Der scheidende FDP-Vorsitzende Bundesaußenminister Guido Westerwelle (re.) mit dem nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden und bisherigen Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (li.)

(Foto: dpa)

Zu Oppositionszeiten sei es richtig gewesen, antwortete Bahr, "ein Zugpferd zu haben statt vier Ponys". Jetzt ist die FDP fast zwei Jahre an der Regierung und sattelt um: Es gibt nun drei Ponys und einen ziemlich lahmen Gaul.

In anderen Parteien hat man den mühsamen Weg nach oben, den Kampf über die Hinterzimmer an die Spitze, die Ochsentour genannt. Die Karrieren der Liberalen wirken eher wie ein kleiner Ausritt über den Ponyhof, so jung ist die neue Führungsmannschaft: Philipp Rösler, 38, wird Parteichef und wohl Wirtschaftsminister, Christian Lindner, 32, ist seit einem guten Jahr Generalsekretär und Daniel Bahr, 34, bislang Staatssekretär, wahrscheinlich der neue Gesundheitsminister.

Man könnte jetzt von den jungen Wilden bei den Liberalen sprechen - sie sind aber nicht sehr wild, weil sie schon eine kleine Ewigkeit Politik machen. Die drei reden immer mal wieder davon, zu den "94ern" zu gehören, zu einer Gruppe Liberaler, die es im Bundestagswahlkampf 1994 als eine Demütigung empfand, in den Fußgängerzonen an den Wahlkampfständen vor dem Plakat zu stehen: "FDP wählen, damit Kohl Kanzler bleibt."

Bahr wollte wie die anderen eine FDP, die mehr ist als nur eine gelbe Hülle und freute sich, als Leute kamen, die die kleine Partei zu einer großen machen wollten, vom Kanzlerwahlverein zur dritten Volkspartei: Jürgen Möllemann und Guido Westerwelle haben Bahr gefördert und er war loyal, bis es begann, weh zu tun.

Bahr hat aus nächster Nähe gesehen, was die Politik aus Menschen macht, was Menschen alles machen, um an der Macht zu bleiben. Er und die anderen haben sich deshalb offenbar vorgenommen, dass es auch noch andere Dinge im Leben geben muss, dass man zumindest den Eindruck gewinnt, als sei Politik nicht alles.

"Nur auf Montage" in Berlin

Westerwelle und Möllemann wurden nur noch als Leute wahrgenommen, die bereit waren, für die Macht jeden Preis zu bezahlen. Das gibt es in anderen Parteien auch, aber keine andere Partei ist in den vergangenen Jahren deshalb so nach oben gestürzt und dann wieder hinab. Die drei Jungen versuchen manchmal, so zu tun, als seien sie sehr unentschieden, ob sie nun die Macht wollten, oder doch über eine Ausbildung zum Floristen nachdenken.

Rösler kokettiert damit, dass er mit 45 auch mal was anderes machen möchte, Lindner schreibt erst einmal lieber Grundsatzprogramme, als sich zu früh verheizen zu lassen und Bahr hat vor kurzem noch behauptet, er liebe das beschauliche Münsterland und sei in Berlin "nur auf Montage". Darüber lachen manche, die sich für stärker halten bei den anderen Parteien.

Dieselben Leute wissen aber auch, dass sie so etwas nicht haben, eine Reihe talentierter junger Leute, die wirklich jung sind und sich nicht noch mit 50 zum Nachwuchs zählen. Sie könnten die FDP zu einer anderen Partei machen, den Liberalismus "ganzheitlich" anwenden, wie Bahr es möchte. Sie könnten aber auch scheitern.

Den größten Willen zur Macht

In der FDP gilt Bahr vielen als derjenige mit dem größten Willen zur Macht, zumindest geht er von den jungen Ponys derzeit das größte Risiko ein, weil man eigentlich kaum etwas gewinnen kann als Gesundheitsminister, dem Finanzminister fliegen im Vergleich die Herzen zu. Es ist ständig Gesundheitsreform in Deutschland und Bahr muss nun zeigen, dass sich auch etwas verändern lässt. Bahr bringt recht gute Voraussetzungen mit für das Amt, er hat "International Health Care und Hospital Management" studiert und hat sich seit seinem Einzug in den Bundestag 2002 um die Gesundheitspolitik gekümmert. In Berlin gibt es Lobbyisten, die gut über ihn reden. Nicht weil er so nachgiebig ist, sondern weil er weiß, wovon er redet.

Bahr hat bereits mit 14 Jahren angefangen mit der Politik, mit den Jungen Liberalen und der Schülerzeitung. Mit 16 ist er dann Mitglied geworden in der FDP, dann Banklehre. Er erfüllt so ziemlich alle Vorurteile, die man hat über Menschen, die so früh in die Politik gehen und dann noch zu den Jungen Liberalen. So brav und angepasst wie die von der Jungen Union.

Gegenüber der Union ist Bahr aber nicht gerade angepasst. Als die Koalition im vergangenen Sommer über die Gesundheitspolitik stritt, sagte Bahr, die CSU habe sich in den Verhandlungen wie eine "Wildsau" aufgeführt. "So habe ich mir eine bürgerliche Koalition nicht vorgestellt", sagte er damals und auch heute macht er nicht den Eindruck, als sei die bürgerliche Koalition seine Traumvorstellung.

Er wird das Gesundheitsressort gewinnen und mit Guido Westerwelle bald vielleicht seinen zweiten Ziehvater verlieren. Das einstige Zugpferd, das nur noch ein lahmer Gaul ist. Dann sind Bahr und die anderen Ponys schon fast unter sich.

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