FDP: Nach der Wahl in Hessen:Hoch auf dem gelben Wagen

"So ein Tag, so wunderschön wie heute" ließ es die FDP aus den Lautsprechern schallen: Das Ergebnis in Hessen beflügelt die Partei - und wird als Beweis für die neue Seriosität gewertet.

Peter Blechschmidt

Dieser Abend kennt nur einen Sieger: die Freien Demokraten. Mit einem guten Ergebnis hatten die Liberalen in Hessen gerechnet. Was ihnen die Hochrechnungen der Fernsehsender am Sonntagabend signalisierten, war eine Sensation: Mehr als 16 Prozent, das hätten selbst die kühnsten Optimisten nicht zu träumen gewagt.

FDP: Nach der Wahl in Hessen: Beflügelt von dem Hessen-Ergebnis: FDP-Parteichef Guido Westerwelle spricht von einem großen Tag für Hessen - und einem "Auftakt nach Maß für Deutschland".

Beflügelt von dem Hessen-Ergebnis: FDP-Parteichef Guido Westerwelle spricht von einem großen Tag für Hessen - und einem "Auftakt nach Maß für Deutschland".

(Foto: Foto: dpa)

Entsprechend übermütig war die Stimmung in der FDP-Bundeszentrale in Berlin, dem Thomas-Dehler-Haus. Jubelschreie quittierten die ersten TV-Prognosen um 18 Uhr. "So ein Tag, so wunderschön wie heute..." scholl es kurz darauf aus den Lautsprechern. Als Parteichef Guido Westerwelle schon wenige Minuten später vor sein Parteivolk trat, wurde er mit rhythmischem Klatschen begrüßt.

Vorstandsmitglieder, die sich um den strahlenden Vorsitzenden scharten, umarmten einander. Besser konnte das Jahr mit seinen 15 Wahlen für die FDP nicht beginnen. In Hessen kann sie wieder mitregieren, und über den Bundesrat, in dem die Länder mit einer FDP-Regierungsbeteiligung über eine Sperrminorität verfügen, hat ihr Wort auch im Bund Gewicht. "Das ist ein großer Tag für Hessen, und es ist ein Auftakt nach Maß für Deutschland", rief Westerwelle seinen Anhängern zu. Wort halten und Charakterstärke seien vom Wähler belohnt worden.

Die FDP werde mit diesem Ergebnis verantwortungsvoll umgehen. Sie werde ihre Verantwortung in den anstehenden Verhandlungen über das Konjunkturpaket der Regierung "klug und nachdrücklich, bescheiden und im Interesse der Bürger" einsetzen. "Gute Wahlergebnisse vertragen kurze Kommentare", sagte Westerwelle. "Lasst uns heute feiern, damit wir morgen mit doppeltem Elan an die Arbeit gehen können." Sprach's und verabschiedete sich ins nächste Fernsehstudio.

Kurz darauf war er wieder unter den Wahlpartygästen im Dehler-Haus. "Heute Abend werden keine politischen Fragen beantwortet, heute wird nur gefeiert", beschied er professionelle Fragesteller und prostete ihnen mit einem Glas Pils einer hessischen Brauerei zu. "Wenn ich mal Bier trinke, dann ist wirklich was los", freute sich der Vorsitzende. Sogar die Frage nach seinem einstigen Projekt eines Wahlergebnisses von 18 Prozent, als er in einer Fernsehtalkshow mit einer 18 unter den Schuhsohlen auftrat und dafür Hohn und Spott erntete, verzieh Westerwelle an diesem Abend. "Jugendsünde", war sein knapper Kommentar.

Auch Jörg van Essen, der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, fand, dass es zwischen dem jüngsten Erfolg und dem damaligen Ziel keine Parallele gebe. Der Erfolg in Hessen habe eine ganz andere Grundlage: Seriosität und Glaubwürdigkeit, sagte van Essen. Dass die FDP gerade keine Mätzchen mehr mache, habe sich für sie ausgezahlt.

Demgegenüber habe die CDU jetzt Hausaufgaben zu machen. Ihr Taktieren bei der Erbschaftsteuer, die Gesundheitspolitik und vor allem das ständige Gerede von einer Fortsetzung der großen Koalition hätten der CDU geschadet. Überall dort, wo Union und FDP eine klare Koalitionsaussage füreinander getroffen hätten- in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen, in Hessen -, sei eine klare bürgerliche Mehrheit zustande gekommen.

Das ist wohl eine der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Hessen-Ergebnis, dass auch in einem Fünf-Parteien-System stabile Mehrheiten für ein Zweierbündnis aus Union und FDP möglich sind. Bei aller Kritik an der angeblichen Sozialdemokratisierung der Union im Allgemeinen und der diagnostizierten Prinzipienlosigkeit der Kanzlerin Angela Merkel im Besonderen wird Westerwelle doch nicht müde zu betonen, dass die politischen Schnittmengen mit CDU und CSU immer noch am größten sind. Doch hält sich die FDP auch andere Optionen offen.

Ein schwarz-gelb-grünes Jamaika-Bündnis wäre für die Liberalen ebenso vorstellbar wie eine rot-gelb-grüne Ampel, wenn denn deren Kanzler Frank-Walter Steinmeier hieße, welcher der FDP als Garant dafür gilt, dass es keine Zusammenarbeit von SPD und Linkspartei geben würde. Solche Flexibilität könne sich die FDP, davon ist Westerwelle überzeugt, heute leisten.

Ihre Verweigerungshaltung gegenüber Rot-Grün im Bund 2005 und in Hessen 2008 habe ihre Glaubwürdigkeit nachdrücklich unter Beweis gestellt; das Etikett der Umfallerpartei sei sie nun endgültig los. Westerwelle mag die Verantwortung betonen, die das hessische Ergebnis seiner Partei aufbürdet. Die größere Freiheit, die es ihm beschert, wiegt diese Belastung locker auf.

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