FDP:Me, myself and I: Christian Lindner nach dem FDP-Triumph

FDP: Überrascht vom eigenen Erfolg: Am Tag nach der Wahl in NRW rät Christian Lindner seiner Partei erst mal, gelassen zu bleiben.

Überrascht vom eigenen Erfolg: Am Tag nach der Wahl in NRW rät Christian Lindner seiner Partei erst mal, gelassen zu bleiben.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/AFP)

Die FDP hat abgeräumt in Nordrhein-Westfalen. Doch was wie ein großer Erfolg aussieht, hat für den FDP-Chef einen Haken. Einen, der ziemlich vergiftet daherkommt.

Von Stefan Braun, Berlin

Was ist los? Da gewinnt einer haushoch, schneidet besser ab als jemals zuvor, erreicht ein Ergebnis, von dem nicht mal er selbst heimlich geträumt haben dürfte. Und dann kommt Christian Lindner am Montagmorgen nach Berlin und schaut so angestrengt drein, als stünde er vor einer unangenehmen Prüfung. Kein Strahlen, kein Lachen, nicht mal ein Lächeln hat der FDP-Chef zur Begrüßung. Ist das Traumergebnis am Ende gar keines?

Doch, schon. Die FDP hat abgeräumt in Nordrhein-Westfalen. Sie hat das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Und hat danach sich und das Leben und alles Mögliche gefeiert. Zwölf Stunden später aber nimmt ein Christian Lindner vor den Berliner Journalisten Platz, der plötzlich zu spüren scheint, dass manchmal ein großer Sieg auch große Fragen aufwirft. Er beginnt jedenfalls mit der unorthodoxen Botschaft, angesichts des guten Ergebnisses sei es "nicht ganz leicht, richtig damit umzugehen". Betone man erneut die Eigenständigkeit der Freien Demokraten, drohe der Vorwurf, die Partei sei schon wieder arrogant geworden. Gebe man sich demütig, würde es heißen, schau her, jetzt treten sie bescheiden auf, weil schon wieder Dienstwagenschlüssel in Reichweite seien. "Wie man es macht gegenwärtig, führt es zu Problemen." Deshalb habe er seiner Partei geraten, sie sollte "möglichst gelassen" mit dem Ergebnis umgehen.

Interessant an dieser Aussage ist nicht nur, dass Lindner es für ein Problem hält, demütig und bescheiden zu wirken. Noch interessanter ist, dass er an diesem Morgen schon alles vorher durchgespielt hat. Dass er offenkundig alle Gedanken darauf konzentriert vorzuempfinden, was er mit Aussage a oder Aussage b oder Aussage c auslösen könnte, um anschließend alles zu tun, damit keine falsche Botschaft rauskommt. Was tatsächlich dazu führt, dass man zunächst nicht weiß, ob er lieber lachen oder weinen möchte.

Lindner will Tempomacher sein. Und bleiben. Wenn da nur nicht dieser Wahlsieg gekommen wäre

Das passt gut zu der Tatsache, dass nicht nur ein Christian Lindner auftritt. Es sind zwei. Sagt Lindner selber. "Es ist üblich, dass wir nach Wahlen mit dem Parteivorsitzenden und mit dem Spitzenkandidaten auftreten." Es spricht also mal der Landes-Spitzenkandidat für Nordrhein-Westfalen, und mal der Bundes-Spitzenkandidat, der die FDP zurück in den Bundestag führen möchte. Das klingt kompliziert? Stimmt. Und könnte für Lindner noch zu einem größeren Thema werden.

Darüber will der Chef der neuen FDP natürlich nicht gerne reden. Es ist beim Wiederaufstieg seiner Partei bis jetzt ja auch alles zu schön gelaufen. Vom am Boden liegenden alten Laden, den Lindner im Herbst 2013 übernahm, über die kleinen Etappenerfolge in Rheinland-Pfalz, Bremen und Hamburg bis hin zu den Triumphen der letzten beiden Sonntage. Wäre Lindner sein eigener Regisseur, er hätte den Film nicht passender drehen können: Absturz, Katharsis, Neuanfang, Aufstieg - die Geschichte des Christian L. in vier Staffeln.

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