FDP:Lindners Team im Check

Die neue Stärke der FDP reduziert sich auf einen Namen: Christian Lindner. Doch ohne Mitstreiter kein Comeback der Liberalen. Wer sind die Leute in der zweiten Reihe?

Von Stefan Braun, Berlin

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FDP Political Party Holds Federal Congress

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Christian Lindner, der alte und neue FDP-Chef, hat es selbst verstanden: Am Ende wird er keines seiner Ziele allein erreichen. Er braucht Leute um sich herum, will er wirklich Erfolg haben. Also sagte er auf dem Parteitag, in den vergangenen Jahren sei es schwierig gewesen, mit mehreren Gesichtern in den Medien zu landen. Er werde aber "alles tun", damit sich das nach der Bundestagswahl wieder ändert. Er hat es selbstbewusst vorgetragen. Man kann es umdrehen: Auch er hat verstanden, wie schnell ein Solotanz für die Liberalen gefährlich werden könnte. Umso mehr stellt sich die Frage, wer neben ihm die Geschicke der FDP prägen könnte.

FDP-Bundesparteitag in Berlin

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Die kleinste Überraschung ist da noch Wolfgang Kubicki. Auch der ist zwar etwas älter geworden, aber der 65-Jährige ist nach wie vor ziemlich ausgebufft in der FDP-Spitze. Als Stellvertreter von Lindner bekam er mehr Stimmen als der Parteichef. Das dürfte große Genugtuung bei ihm ausgelöst haben. Kubicki ist weiterhin wichtig; er ist aktuell der einzige, der Lindner in einem echten Konflikt Paroli bieten könnte. Interesse hat er daran aber nicht: Wie Lindner steckt er im Finale seines Landtagswahlkampfes. Grundsätzlich ist er alles andere als ein Hardliner und würde auch eine Ampel-Koalition mittragen. Zumal er in Schleswig-Holstein eine freundlich-burschikose Beziehung zum grünen Spitzenmann Robert Habeck pflegt. Auf dem Parteitag allerdings hat er sich auf einen merkwürdigen Konflikt eingelassen. Gegen die Jungen Liberalen tritt er für Abschiebungen nach Afghanistan ein - und hat als Kronzeugen ausgerechnet Außenminister Sigmar Gabriel und SPD-Chef Martin Schulz angeführt. Das hat sich offenbar ausgezahlt: Mit der strikten Ablehnung von Afghanistan-Abschiebungen konnten die JuLis sich nicht durchsetzen.

FDP Political Party Holds Federal Congress

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Der zweite, auch nicht ganz so überraschende Mann im "Team Lindner" ist Alexander Graf Lambsdorff. Der bisherige EU-Parlamentarier hat es in den letzten Monaten geschafft, neben Lindner als Außenpolitiker an Profil zu gewinnen. Der 50-Jährige ist gelernter Diplomat und handelt meistens auch so. Aber er in der aktuellen FDP-Führung hat er den Part des strengen Europapolitikers eingenommen. Streng gegenüber Griechenland, wegen des Euro; noch strenger gegenüber der Türkei, wegen des harschen Kurses des türkischen Präsidenten. Lambsdorff hält eine EU-Mitgliedschaft des Landes für erledigt und plädiert mit Verve dafür, deshalb auch die Verhandlungen zu beenden. Wie viel echte Wucht er in der FDP-Spitze entwickeln könnte, kann derzeit niemand sagen. Konflikten ist er bislang aus dem Weg gegangen. In Berlin stand er für kein Amt zur Wahl.

FDP-Bundesparteitag in Berlin

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Ebenfalls mit dabei ist seit der großen Katastrophe 2013 Generalsekretärin Nicola Beer. Sie hat sich reingeworfen, als viele andere davon gelaufen sind; allein schon diese Hartnäckigkeit hat ihr Punkte eingebracht. Zugleich war es für die 47-Jährige neben Lindner besonders schwer, öffentlich ein eigenes FDP-Gesicht zu entwickeln. Gut möglich, dass das zu ihrem eher mittelmäßigen Ergebnis beigetragen hat; sie erhielt in Berlin gerade mal 79 Prozent der Stimmen. Dabei hat sie viel zum Wahlprogramm beigetragen, auch zur Weiterung der Ziele, insbesondere bei Bildung und Digitalisierung. Schwer hat sie es sich selbst gemacht mit einem Antrag, der das Wahlrecht für Doppelstaatler auf ein Land beschränken wollte. Nach interner Kritik wird der Antrag auf dem Parteitag aller Voraussicht nach nicht mehr behandelt.

Frank Sitta FDP

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Eine echte Überraschung ist Frank Sitta gelungen. Den 38-Jährigen kennt selbst in der Partei bislang kaum jemand. Und doch hat er bei den Wahlen zum Präsidium das beste Ergebnis von allen bekommen: knapp 93 Prozent der Stimmen. Mitglied ist er seit 2001, aber viele Jahre im Kreisverband Halle eher mitgelaufen. Aufgefallen ist er damals nicht als Liberaler, sondern als Chef der Wirtschaftsjunioren von Sachsen-Anhalt. Und als solcher wurde er 2014 schließlich gefragt, ob er bereit sei, Vorsitzender und Spitzenkandidat für die Landtagswahlen zu werden. "Ich? Ich kenne doch kaum jemanden", hat er damals gedacht - und dann doch zugesagt. Es folgten die Wahlen und ein Ergebnis, dass an schlimmste Zeiten erinnert. Er erreichte mit seiner Partei 4,9 Prozent - und weiß seither, wie sich eine solche Niederlage anfühlt. Jetzt hofft der Unternehmer auf bessere Zeiten; er führt eine Agentur, die Kongresse und Konferenzen organisiert.

FDP-Bundesparteitag in Berlin

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Eine Überraschung ist auch die 59-jährige Marie-Agnes Strack-Zimmermann (links auf dem Foto). Sie hat bei den Wahlen dieses Mal mit Abstand am schlechtesten abgeschnitten; nur knapp sechzig Prozent haben der ehemaligen Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Düsseldorf ihre Stimme gegeben. Sie gilt seit 2013 als besonders authentische Stimme der Basis, hat es aber kaum geschafft, sich wirklich Gehör zu verschaffen. Dabei bekommt sie durch echte kommunale Arbeit im Stadtrat und bei der Flüchtlingshilfe vieles sehr direkt mit. Ob sie wirklich noch einmal durchdringen und Einfluss gewinnen wird, ist allerdings offen. Nur eines scheint sicher: Sollte die FDP tatsächlich in den Bundestag einziehen, dann wird sie dabei sein. Mit Listenplatz zwei in Nordrhein-Westfalen hat sie eine hervorragende Perspektive, jedenfalls dann, wenn es mit dem Bundestag tatsächlich nicht mehr schief geht.

FDP Political Party Holds Federal Congress

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Und dann ist da - neben einigen anderen - vor allem noch Konstantin Kuhle. Der Chef der Jungen Liberalen, gerade 28, hat alles andere als einen sicheren Listenplatz in Niedersachsen. Hier müsste die Landespartei schon knapp neun Prozent erreichen, damit sein Listenplatz sechs ihn tatsächlich in den Bundestag führen würde. Aber er hat ungewöhnlich viel Elan und auf dem Parteitag in Berlin den Mut, die Parteispitze mit einem Antrag zu Afghanistan herauszufordern. Während Lindner und auch Kubicki die Abschiebungen an den Hindukusch verteidigen und für richtig halten (alles andere wäre angesichts ihrer Kritik an der Flüchtlingspolitik auch kaum möglich), lehnt Kuhle die Abschiebungen aus humanitären Gründen ab. Wie clever er dabei vorgeht, zeigt ein Schachzug: er hat die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dafür gewonnen, den Antrag einzubringen. Und auch, wenn sein Anliegen am Ende nicht durchkam, hat er eins erreicht: Er hat den Jungen Liberalen und sich ein bemerkenswertes Profil gegeben.

© SZ.de/lala/sks
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