Süddeutsche Zeitung

Landtagswahlen:Liberale im Aufwind

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Die FDP kann in beiden Bundesländern auf eine Ampelkoalition hoffen. Parteichef Lindner wertet die guten Ergebnisse als Bestätigung seines Corona-Kurses.

Von Daniel Brössler, Berlin

Jetzt nicht abheben. Das scheint Christian Lindner sich vorgenommen zu haben. Die Freien Demokraten freuten sich über einen "starken Aufschlag in das wichtige Wahljahr 2021", sagt der FDP-Chef, als die ersten Zahlen bekannt sind. Das klingt fast ein wenig gedämpft angesichts eines doppelten Erfolges, der noch vor ein paar Monaten kaum für möglich gehalten worden wäre. In Baden-Württemberg konnten sich die Liberalen dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge auf 10,5 Prozent verbessern. 2016 waren es noch 8,3 Prozent gewesen. In Rheinland-Pfalz behauptete sich die FDP laut vorläufigem Endergebnis mit 5,5 Prozent. Das ist fast so viel wie 2016, als die FDP auf 6,2 Prozent gekommen war. In Stuttgart sah es nach dem besten Ergebnis seit Jahrzehnten aus. In Mainz wurde die FDP für die Ampelkoalition mit SPD und Grünen zumindest nicht bestraft. "Die FDP hat an politischem Gewicht an diesem 14. März zu Beginn des Wahljahres gewonnen", resümiert Lindner.

Der Parteichef wertet das nicht zuletzt als Bestätigung seines Corona-Kurses. "Die Freien Demokraten haben niemals und zu keinem Zeitpunkt die Gefährlichkeit des Coronavirus relativiert oder gar geleugnet, aber schon sehr frühzeitig und bis heute wollten wir eine andere, eine innovativere Bewältigung der Gefahr", sagte er. In den Umfragen scheint sich das tatsächlich seit einiger Zeit auszuzahlen. Schien noch vor einem Jahr der Wiedereinzug in den Bundestag erneut gefährdet zu sein, nähern sich die Liberalen nun wieder einem zweistelligen Resultat. In den Wahlergebnissen im Südwesten sieht Lindner nun eine "Bestätigung des eigenständigen Kurses" der FDP.

Ungezügelte Ampel-Phantasien sind auch mit Risiken verbunden

Eigenständigkeit - das ist bei den Liberalen das Wort des Abends. Es ist das Wort, das Generalsekretär Volker Wissing, bisher Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz, der Partei erfolgreich eingehämmert hat. Immer wieder betonte er die Offenheit für Koalitionsoptionen auch ohne die Union. In Mainz habe man der Partei diese Freiheit erarbeitet, sagte Wissing am Wahlabend. Und in Baden-Württemberg findet nun auch Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke, innerparteilich ein Konservativer, es liege "nahe", über eine Ampel zu verhandeln.

Eine weitere, dann vierte, Regierungsbeteiligung würde Lindner Rückenwind verschaffen - allerdings womöglich etwas mehr als ihm lieb ist. Einerseits würde sie ihm helfen, jene Bereitschaft zur Regierungsverantwortung zu betonen, die angezweifelt wird, seitdem er 2017 die Jamaika-Verhandlungen mit Union und Grünen hat platzen lassen. "Die FDP ist bereit und in der Lage", sagte er, "Verantwortung zu übernehmen im Bund und in den Ländern". Ungezügelte Ampel-Phantasien für den Bund sind andererseits auch mit Risiken verbunden. Sie könnten das wirtschaftsliberale Profil der FDP schwächen und traditionelle Anhänger verschrecken.

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