FDP in der Richtungsdebatte:Leutheusser-Schnarrenberger fordert "klare Kante" von FDP

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Nach der Wahlschlappe ist vor der Richtungsdebatte: FDP-Parteichef Rösler gibt sich plötzlich proeuropäisch, auch Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger warnt ihre Partei vor Anti-Euro-Stimmung. Durchhalteparolen kommen aus dem Lager der Euroskeptiker: Sie sehen die Glaubwürdigkeit in Gefahr, sollte Rösler seinen Kurs nun wieder wechseln.

Die FDP sei in der schwersten Krise ihrer Geschichte, sagte Parteichef Philipp Rösler nach dem Wahldebakel in Berlin. Auf 1,8 Prozent ist der Berliner Landesverband abgestürzt, es ist die bislang größte Pleite in einer Serie von Wahlniederlagen.

"Klare Kante und überzeugen durch Argumente bringen immer Unterstützung": die stellvertretende FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. (Foto: dapd)

In der Partei ist die Debatte um den künftigen Kurs voll entbrannt: Die stellvertretende FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger empfiehlt ihrer Partei eine scharfe Positionierung. "Klare Kante und überzeugen durch Argumente bringen immer Unterstützung", sagte die Justizministerin der Rheinischen Post. Als Beispiel nannte sie die Vorratsdatenspeicherung, die inzwischen von zwei Dritteln der Bürger abgelehnt werde.

Eindringlich warnte sie davor, auf eine Anti-Euro-Stimmung zu setzen. "Es waren FDP-Außenminister, die die Europäische Union und den Euro geschaffen haben - dieses Erbe setzen wir nicht aufs Spiel", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Immer wieder "klare Kante"

Am Vortag hatte auch der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki seiner Partei empfohlen "klare Kante" zu zeigen, zielte dabei allerdings auf den "Markenkern der FDP" ab, der wieder aufpoliert werden müsse. Es sei richtig, dass die FDP in der Debatte über Griechenland und den richtigen Euro-Rettungskurs offensiv auftrete. "Wir dürfen das Thema nicht den anderen überlassen." Auch Parteivize Holger Zastrow hatte gefordert, die FDP müsse "wieder mal Kante zeigen" und befand, die Äußerungen von Parteichef Rösler über eine mögliche Insolvenz des hochverschuldeten Griechenlands seien richtig gewesen.

Nach dem Debakel der FDP bei den Wahlen für das Berliner Abgeordnetenhaus ist die Debatte in der Partei nach Strategien zur Bewältigung der Krise in vollem Gange. Rösler will mit den Spitzengremien der Liberalen im Oktober in einer Sonderklausur Wege aus der aktuellen Parteikrise diskutieren.

"Nicht immer nur gackern"

Laut der Rheinischen Post hat die stellvertretende Parteivorsitzende Birgit Homburger in der Präsidiumssitzung der FDP am Montag eine baldige Beschlussfassung über Steuererleichterungen angemahnt. "Wir dürfen nicht immer nur gackern, das Ei muss jetzt auch mal gelegt werden", forderte sie unter Berufung auf Teilnehmerkreise.

Rösler hatte im Vorfeld der Berlin-Wahl mit seinen Forderungen nach einer "geordneten Insolvenz" des hochverschuldeten Griechenland für Wirbel gesorgt, der Berliner Landesverband hatte den eurokritischen Kurs des Parteichefs im Wahlkampf weiter zugespitzt. Am Tag nach der Wahl warnte Rösler seine Partei vor einer europaskeptischen Neuorientierung.

Frank Schäffler, Initiator des Mitgliederentscheids in der FDP über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms, hingegen fordert den FDP-Vorsitzenden auf, bei seinem eurokritischen Kurs zu bleiben. "Wir dürfen nicht nur reden", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Glaubwürdigkeit bekommt man allein durch Taten. Deshalb muss Rösler seinen Kurs fortsetzen und darf sich nicht beirren lassen."

Mit Blick auf den Mitgliederentscheid fügte Schäffler hinzu: "Ich gehe davon aus, dass wir Rösler die Unterschriftenlisten Ende September/Anfang Oktober übergeben können. Wir sind gut dabei. Das läuft wie geschnitten Brot." Um eine Befragung der Basis zu erreichen, muss der FDP-Bundestagsabgeordnete 3300 Unterschriften zusammenbekommen.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle blickt trotz der schweren Wahlniederlage optimistisch in die bundespolitische Zukunft der Liberalen. "Wenn wir klaren Kurs halten und bei unseren Kernpositionen bleiben, dann haben wir auch wieder alle Chancen, 2013 in einer neuen schwarz-gelben Koalition regieren zu können", sagte Brüderle der Zeitschrift Super Illu. Er räumte allerdings gleichzeitig ein, dass die FDP "in einer schwierigen Phase" sei. Mit Zuversicht blickt Brüderle auch auf die Bundestagsabstimmung über die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms Ende September.

© dapd/AFP/Reuters/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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