FDP in der Krise:Partei der Enttäuschung

Die FDP ist der Klotz am Bein der Bundesregierung. Sie ist zur Partei der Enttäuschung geworden und wird deshalb bei den Landtagswahlen verlieren.

Kurt Kister

Lesen lohnt sich, gerade weil man dabei auf Sonderbarkeiten stößt. Zum Beispiel beschreibt die Zeitschrift Cicero jetzt Außenminister Guido Westerwelle als den "Auferstandenen", weil er angeblich aus seinen Fehlern gelernt habe und fast schon zum Staatsmann gereift sei. Das ist, mit Verlaub, ziemlicher Quatsch. Der Riesenstaatsmann Westerwelle beweist gerade in der Libyen-Affäre, wie man alle wichtigen Verbündeten verärgert, ohne daraus aber politischen Nutzen für das eigene Land (und nicht einmal für die eigene Partei) zu ziehen. Die Kanzlerin folgt nolens volens ihrem Außenminister in dieser falschen Politik.

Nun ist der Krieg in Libyen für die Welt bedeutender, als die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz es sind. Andererseits sind diese Wahlen wiederum für Westerwelles Zukunft, ja die der FDP insgesamt, entscheidender, als es die Libyen-Politik ist. In beiden Ländern wird die FDP kräftig verlieren. Dies hat einerseits regionale Ursachen. Aber die FDP ist auch die Partei der Enttäuschung. Sie hat seit 2009 die Vielzahl ihrer damaligen Wechselwähler verprellt, in erster Linie, weil sie nicht hielt, was sie versprochen hatte. Während zu rot-grünen Zeiten der kleinere Koalitionspartner, die Grünen, wichtige Veränderungen (Staatsbürgerschaftsrecht, Atomausstieg) vorantrieb, war der größte Erfolg der FDP im Bündnis mit der Union die Steuersenkung für Hoteliers.

Kein anderer symbolisiert den Aufstieg der FDP in der Opposition und ihren Absturz in der Regierung so klar wie Westerwelle. Seine politische Persönlichkeit ist die eines bis zur Aggressivität entschiedenen Oppositionspolitikers. Seine Stärke liegt im Bloßlegen der Fehler anderer; Rechthaberei gehört unabdingbar zu diesem Profil. Als Minister handelt Westerwelle weiter nach diesem Muster. Wenn er einmal befunden hat, dass die deutsche Luftwaffe nur dann nicht über Libyen eingesetzt werden kann, wenn er im Sicherheitsrat mit China gegen die USA und Frankreich stimmt, dann ist das so. Pardon wird nicht gegeben.

Die FDP ist zum Klotz am Bein einer ohnehin lahmen Bundesregierung geworden. Das symbolisiert nicht nur Westerwelle, sondern auch der gemütliche Brüderle, der grinsend seinen Freunden von der Industrie erklärt, dass das Gewese ums Atom-Moratorium nicht so ernst zu nehmen sei, wie man es nach außen vertrete. Rechthaberei und nonchalante Wählerverhöhnung in ausgewählten Kreisen - auch diese Berliner Mischung gefährdet die politische Existenz der FDP.

Das für die FDP schlimmste, aber nicht unmögliche Ergebnis der Wahlen wäre ein Machtwechsel in Stuttgart und das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde, sei es einmal oder gar in beiden Ländern. Selbst wenn nur Stuttgart fällt, sollte sich Westerwelle auf nur eines seiner Ämter konzentrieren. Wahrscheinlich will er Minister bleiben. Für Deutschland, die Bundesregierung und sogar für die FDP wäre es allerdings besser, er machte den Partei- und Fraktionschef.

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