FDP in der Krise:Der Hunger bleibt
Nach dem Abgang von Guido Westerwelle als Parteichef versucht sich die FDP verzweifelt an einem Neuanfang. Ein neues Strategiepapier enthält jedoch mehr orthographische Fehler als zündende Ideen.
Nico Fried
Man kann nicht behaupten, dass seit der Nominierung von Philipp Rösler zum neuen Vorsitzenden in der FDP so etwas wie Aufbruchstimmung herrscht. Die Ablösung von Guido Westerwelle war wie ein Amuse-Gueule. Aber Wochen danach kauen die Liberalen noch immer auf diesem einen Appetithappen herum und warten auf weitere Gänge. Zumal der designierte Parteichef kaum wahrzunehmen ist, während der scheidende weitermacht, als sei nichts gewesen.
Nun hat Jürgen Koppelin, der nicht gerade zur Zukunftsgarde der Partei gehört, ein zehnseitiges Papier geschrieben. Es enthält mehr orthographische Fehler als zündende Ideen. Koppelin fordert darin, dass die FDP sich neu aufstellen müsse, aber irgendwie auch nicht.
Er greift die Fraktionsvorsitzende an, aber irgendwie auch nicht. Er fordert mehr Demut, aber irgendwie auch mehr Selbstbewusstsein. Koppelin steigt mit diesem Papier nicht zu einem liberalen Denker auf. Aber wenn Historiker eines Tages ein exemplarisches Dokument für die Orientierungslosigkeit der Liberalen nach eineinhalb Jahren an der Regierung suchen, könnten sie sich hier bedienen.
Was das Personal betrifft, hat die FDP ein simples Problem: Alle, die heute etwas zu sagen haben, verdanken ihren Posten Westerwelle. Alle haben ihren Anteil am Niedergang der Partei, weil niemand Westerwelle aufgehalten hat. Wo aber alle gleich viel Schuld haben, hat am Ende keiner Schuld.
Deshalb muss auch keiner sonst mehr gehen - wie praktisch. Bei den Liberalen stützt nach Westerwelles Abgang jeder den anderen, um auch selbst gestützt zu werden. Zumindest in dieser Hinsicht hat sich die FDP wirklich stabilisiert. Nur ein Aufbruch kann so nicht gelingen.