Konsequenz aus Maut-Affäre:FDP fordert Löschverbot für Handys

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Welche Handy-Kommunikation archiviert werden muss, darüber können Minister wie Andreas Scheuer (CSU) bislang selbst entscheiden. (Foto: John Macdougall/dpa)

Wie lässt sich verhindern, dass wichtige Daten von Ministerhandys verschwinden - dem von Verkehrsminister Scheuer zum Beispiel? Die FDP macht einen Vorschlag und bekommt Unterstützung.

Von Markus Balser, Berlin

Als die Aufklärung des Maut-Debakels begann, da versprühte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) noch enorme Transparenzbereitschaft. Natürlich werde man wie gefordert eine Sicherungskopie seines Diensthandys zur Verfügung stellen, teilte das Ministerium im Februar 2019 den Abgeordneten des Untersuchungsausschusses mit.

Nur einen Monat später klang das jedoch anders. Die Daten waren plötzlich verschollen. "Die Blackberry-Geräte", schrieb das Bundesverkehrsministerium am 27. März an den Ausschuss, "wurden ab Ende 2018 sukzessive ausgetauscht und von der zuständigen Zentralabteilung zerstört oder vollständig zurückgesetzt". Dies sei auch bei Scheuer mit der Umstellung auf ein iPhone passiert. Zufälle gibt es: ausgerechnet im Februar 2019.

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Er habe "absolut" alles richtig gemacht, sagt der Bundesinnenminister und ehemalige CSU-Chef im Untersuchungsausschuss. Heute würde er bei der Maut aber einen besonderen Akzent stärker betonen.

Der Ärger im Bundestag war fraktionsübergreifend riesig. Auch weil Handydaten eines Ministers nicht zum ersten Mal in einer politischen Affäre abhanden kamen. Ähnliches war auch mit Handydaten der früheren Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) passiert, die Abgeordnete 2019 in der Berateraffäre auswerten wollten.

Geht es nach der FDP, sollen die Tage des ungehemmten Löschens gezählt sein. Als erste Fraktion des Bundestags will sie einen Antrag für eine Novelle der Datensammelpraxis ins Parlament bringen. "Die FDP-Fraktion hat grünes Licht für einen Antrag gegeben, der das Löschen der Handydaten von Ministern oder Staatssekretären verhindern soll", sagte der FDP-Obmann des Maut-Ausschusses, Christian Jung, der Süddeutschen Zeitung. "Aus unserer Sicht muss eine unabhängige Stelle darüber entscheiden, welche Daten gelöscht werden dürfen - nicht der Minister und seine Mitarbeiter selbst. Wir beabsichtigen den Antrag in den kommenden Wochen einzubringen."

Dass dienstliche Inhalte von Handys der Ministerinnen und Minister archiviert werden müssen, geht zwar aus der Geschäftsordnung der Bundesministerien und der Registraturrichtlinie hervor. Das Innenministerium stellte klar, dass jede ministeriale Kommunikation, die für einen "Sachvorgang relevant" sei, archiviert werden muss. Doch es gibt ein Problem: Die Minister können selbst entscheiden, auf welche Kommunikation das zutrifft.

Die FDP übt im Entwurf für den Antrag daran harte Kritik: Eine übergeordnete Kontrollinstanz, die diese Entscheidung überprüft oder wenigstens dokumentiert, fehle. Die Löschung von möglicherweise relevanten Daten sei letztlich "völlig ungeregelt". Es gebe in den Vorgaben "eklatante Unklarheiten und Schwachstellen", heißt es weiter.

Im Entwurf fordert die FDP Nachbesserungen. Zum einen müsse klar geregelt werden, welche Daten Ministerien speichern müssen. Über die Archivierung müsse eine "weisungsunabhängige" Stelle entscheiden. Die digitalen Daten sollen zudem "so gespeichert werden, dass diese vor Verlust dauerhaft geschützt sind und jederzeit auf diese zugegriffen werden kann", heißt es weiter. Zudem müssten die Ministerien zu genauer Buchführung über die Handys verpflichtet werden. Denn im Fall Scheuer glaubt die Opposition, dass der Minister in der fraglichen Zeit ein ganz anderes als das bislang vom Ministerium angegebene Gerät nutzte. "Unser Misstrauen in den Aufklärungswillen des Ministers Scheuer wächst", sagt Jung.

Damit wächst im Parlament der Druck, härtere Regeln einzuführen. Auch die SPD hat sich dafür ausgesprochen. "Es gibt einen sehr akuten Bedarf, die laxen Regeln schnell zu verschärfen", warnt Jung. Sonst werde die Aufklärung großer Affären unnötig massiv erschwert.

© SZ vom 23.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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