FDP droht indirekt mit Koalitionsbruch:"Wir lassen uns nicht vorführen"

Ein Finanzminister, der sich bei Steuervereinfachungen stur stellt und ein Verteidigungsminister, der beim Sparen zu lax ist: Die FDP ärgert sich massiv über ihren Koalitionspartner - und droht mit Konsequenzen.

P. Blechschmidt, G. Bohsem und S. Höll

Die FDP geht in zentralen politischen Fragen auf Distanz zum Koalitionspartner Union. Insbesondere Finanzminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wurden am Montag vom FDP-Präsidium gemahnt, sich an Absprachen in der Koalition zu halten. "Wenn man sich auf Zusagen nicht verlassen kann, könnte eine Koalition nicht arbeiten", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner.

Neujahrsempfang der FDP

Christian Lindner ist mit Koalitionspartner CDU unzufrieden - besonders Finanzminister Schäuble und Verteidigungsminister Guttenberg verärgern den FDP-Generalsekretär.

(Foto: dapd)

Streitpunkte sind Schäubles angebliche Verzögerungstaktik bei der Steuervereinfachung und seine Andeutungen über eine mögliche Ausweitung des Euro-Rettungsschirms. An Guttenberg stört die FDP, dass er den angestrebten Beginn der Truppenreduzierung in Afghanistan sowie die Einhaltung der Sparvorgaben für den Wehretat in Frage stellt. Ein schwerer Konflikt zeichnet sich überdies in der Frage der Vorratsdatenspeicherung ab.

Die FDP reibt sich seit langem an Schäuble, der nach Meinung der Liberalen all ihre Versuche bremst, rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres wenigstens einige Steuervereinfachungen in Kraft zu setzen. Strittig ist hier vor allem der Arbeitnehmerpauschbetrag. Die Koalition hat bereits vereinbart, ihn von 920 auf 1000 Euro pro Jahr anzuheben. Schäuble wehrt sich jedoch gegen den Wunsch der Fraktionen von Union und FDP, die Steuererleichterung schon im laufenden Jahr in Kraft zu setzen.

Der Unmut der FDP wurde am Montag noch gesteigert, weil auch in einem Gespräch zwischen Schäuble und den Finanzexperten der Koalition keine Annäherung bei den Steuervereinfachungen erzielt werden konnte. Schäuble habe sich nicht kompromissbereit gezeigt, hieß es. Der FDP-Politiker Volker Wissing gab sich aber gemeinsam mit Unionsfraktions-Vize Michael Meister zuversichtlich, dass sich beide Fraktionen gegen Schäuble durchsetzen würden.

Guttenberg soll alle Sparpotentiale ausschöpfen

Lindner betonte am Montag, es gebe eine klare Absprache in der Koalition, dass so viele Steuervereinfachungen wie möglich vom 1. Januar 2011 an wirken sollten. Nur unter dieser Bedingung habe die FDP im vorigen Jahr der Erhöhung der Tabaksteuer zugestimmt. "Wir lassen uns ja nicht vorführen", sagte Lindner.

Deutliche Worte richtete der FDP-Generalsekretär auch an die Adresse Guttenbergs. Dessen Interview-Äußerungen erweckten den Anschein, als rücke er vom gemeinsamen Ziel der Bundesregierung ab, von Ende 2011 an mit der Reduzierung der deutschen Truppen in Afghanistan zu beginnen.

Anders als FDP-Chef und Außenminister Guido Westerwelle, der vor allem die Abzugsperspektive in den Vordergrund rückt, betont Guttenberg stets, dass der Beginn des Abzugs an hochgesteckte Bedingungen geknüpft ist. Wenn der Verteidigungsminister den Beginn des Abzugs nicht wolle, solle er dies deutlich sagen, sagte Lindner.

Scharf kritisierte Lindner auch die Ankündigung Guttenbergs, das von Schäuble vorgegebene Sparziel für die Bundeswehr von 8,4 Milliarden Euro bis 2014 sei nicht zu erreichen. Schäuble habe im Beisein Guttenbergs deutlich gemacht, dass die Koalition an dieser Sparvorgabe festhalte. Die FDP erwarte nun, dass Guttenberg alle Sparpotentiale ausschöpfe.

Lindner unterstützte ausdrücklich den Vorschlag von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur Datenspeicherung. In der Union stieß er dagegen auf Widerstand. "Das ist mit uns nicht zu machen", hieß es. Lindner mahnte die Union deshalb, die FDP nicht mit "Maximalforderungen" unter Druck zu setzen.

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