FDP:Christian Lindner macht auf Rammstein

FDP stellt Wahlprogramm zur Bundestagswahl vor

Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP, erklärt am Montag im Museum am Brandenburger Tor die Fotokampagne mit Christian Lindner.

(Foto: Wolfgang Kumm/dpa)
  • Christian Lindner und sein Führungsteam stellen die Plakate vor, mit denen die Liberalen bei der Wahl im September punkten wollen.
  • Die Partei wirbt in erster Linie mit ihrem Parteichef, er steht im Mittelpunkt der Kampagne.
  • Parallel kommt ein Buch von Gerhard Papke, einem einstigen Wegbegleiter Lindners heraus: Er hätte für seine FDP nach der schweren Niederlage einen anderen Kurs empfohlen.

Von Stefan Braun und Jakob Schulz, Berlin

Das schwarze Sakko ist eng geschnitten, der oberste Knopf des weißen Hemdes steht offen, der Bart dürfte schon eine gute Woche alt sein: Sollte sich im Herbst keine andere Aufgabe ergeben, könnte Christian Lindner ausweislich der Schwarz-Weiß-Fotos problemlos ins Geschäft mit Herren-Oberbekleidung wechseln. Doch für den Moment macht der FDP-Chef noch Wahlkampf. In Berlin stellen er und sein Führungsteam am Montag die Plakate vor, mit denen die Liberalen bei der Wahl im September punkten wollen.

Die vor allem in Schwarz-Weiß gehaltenen Plakate zeigen den FDP-Chef, einen Slogan und vergleichsweise viel Text. Alle Bilder haben ein Zentrum. Bild eins: Christian Lindner. Bild zwei: Christian Lindner. Bild drei: auch Christian Lindner. Zu Kampagnen gehört eine zentrale Botschaft, die Botschaft der FDP ist ihr Parteichef. Nun wäre es unfair, der FDP das vorzuwerfen, die anderen machen es genauso. Aber während die Liberalen in den vergangenen Wochen darüber klagten, dass alle ihr eine One-Man-Show vorwerfen, hat sie sich nun für die Offensive entschieden: Lindner ist es, und wir zeigen das jedem.

In Szene gesetzt hat der Fotograf Olaf Heine den Parteichef, sonst fotografiert er so unterschiedliche Musik-Größen wie Sting oder Rammstein. "Manchmal muss ein ganzes Land vom 10er springen", steht in großen Lettern auf den Plakaten. Und: "Ungeduld ist auch eine Tugend".

Papke wollte einen härteren Kurs Richtung Ausländer, Islam und Terrorismus

Neu denken - dazu hatten die Liberalen nach ihrem Rauswurf aus dem Bundestag vier Jahre lang Zeit. Nicht nur optisch, auch inhaltlich will sich die FDP runderneuert präsentieren. Das Zeitalter der Klientelpartei soll zu Ende sein; das Thema Steuersenkungen steht im Wahlprogramm, aber spielt in der Kampagne fürs Erste keine Rolle. Lindners Credo: die Partei wende sich nicht an die Ränder, nicht an Spezialisten, sondern an die Mitte der Gesellschaft. "Die Mittelschicht und den Mittelstand", wie er es ausdrückt.

Neben den Lindner-Porträts sollen dabei auch ziemlich lange Textpassagen helfen. "Wir wollen politisieren und neugierig machen", heißt es dazu. Ein anderes Produkt, das am gleichen Tag mit viel Text auf den Markt kommt, dürfte kaum damit gemeint sein. Wieder geht es um die FDP, wieder soll es über die Partei informieren. Nur, dass es dieses Mal kein Werbeinstrument für den Parteichef ist. Gerhard Papke hat es geschrieben, einst Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen. Und wenn Lindner das neue Gesicht der Partei ist, dann ist Papke ein bisschen das alte.

Der 56-Jährige hat seine Geschichte mit Lindner aufgeschrieben. Und die beginnt schon vor zwei Jahrzehnten, als Lindner im Alter von 19 seinen Zivildienst ableistet. Papke hat also kein Buch aus der Ferne geschrieben. Er kennt Lindner, das kann man ihm unterstellen.

Und: Papke hätte für seine FDP nach der schweren Niederlage einen anderen Kurs empfohlen. Einen härteren Richtung Ausländer, Islam und Terrorismus. Doch als er im Herbst 2014 ein entsprechendes Thesenpapier vorlegt, wird er - jedenfalls nach eigenem Bekunden - so sehr gebrandmarkt, dass er von da an keine Chance mehr hatte. Papke beklagt, ihm sei damals so "ziemlich das Übelste geschehen, was einem Politiker in Deutschland passieren kann. Ich war als 'rechts' markiert". Zorn spricht aus seinen Zeilen. Das erklärt, warum er jetzt mit seinem Buch rauskommt.

Am Tag, als Christian Lindner seine Partei als das Neue und Andere präsentiert, zeigt auch der alte, unterlegene Teil der Partei, dass er noch da ist.

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