FDP-Chef Westerwelle in der Krise"An die Freunde der Freiheit"

Lesezeit: 2 Min.

Seine Partei am Boden, interne Kritiker vor allen Mikros: Guido Westerwelle erlebt in diesen Wochen die schwierigste Zeit, seit er FDP-Chef ist. Nun wendet er sich mit einem Brief an seine Parteifreunde - und erhofft sich Rückhalt.

Der in der eigenen Partei unter heftigem Druck stehende FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle erwartet 2011 für die Liberalen "ein Jahr der Bewährung". Er zähle auf die Unterstützung der FDP-Mitglieder, schrieb der Außenminister und Vize-Kanzler am Freitag in einem Weihnachtsgruß an die Parteifreunde und "alle unsere Freunde der Freiheit". Man könne es "gemeinsam bestehen, wenn wir uns der Probleme der Bürger annehmen und insbesondere die Interessen der Mitte vertreten, die unsere Gesellschaft trägt".

Seine Partei im Umfragetief, seine Parteifreunde mit kritischen Aussagen: FDP-Chef Guido Westerwelle ist in der Defensive.
Seine Partei im Umfragetief, seine Parteifreunde mit kritischen Aussagen: FDP-Chef Guido Westerwelle ist in der Defensive. (Foto: dapd)

Westerwelle unterstrich, dafür brauche es "die starke liberale Partei". Er fügte hinzu: "Ich zähle auf Ihre Unterstützung."

In den vergangenen Wochen war scharfe Kritik aus der FDP an dem Parteichef und Außenminister laut geworden. "Trendwende, unbedingt" - auf diesen Nenner lässt sich die vorherrschende Erwartungshaltung der FDP-Landesverbände an Westerwelles Stuttgarter Auftritt bringen. Die Süddeutsche Zeitung hat mit namhaften Vertretern nahezu aller Landesverbände der FDP über die Misere gesprochen. Landesparteichefs und Generalsekretäre, Parteivorstände und Regierungsmitglieder - sie alle hoffen auf einen Guido Westerwelle, der seine frustrierte Partei aufrichtet: Der Chef müsse für eine "Initialzündung" sorgen, die "neue Begeisterung entfacht", sagt etwa Michael Roolf, der FDP-Fraktionschef im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.

Ähnliche Töne sind von den anderen liberalen Landesgranden zu vernehmen: Er hoffe, dass Westerwelle in Stuttgart deutlich macht, dass die "FDP dringender denn je gebraucht wird", sagt Bremens FDP-Chef Oliver Möllenstädt. Ein anderer Landesvorsitzender sagt, Westerwelle und der waidwunden Partei helfe mittlerweile nurmehr eine "Ruck-Rede".

Gerry Kley, FDP-Vorstandsmitglied aus Sachsen-Anhalt, meint, "inhaltlich sollte eine Road-Map gezeichnet werden, wie man sich 2011 vorstellt." Man erwarte am 6. Januar ein "Signal der Geschlossenheit", sagt der Brandenburger FDP-Generalsekretär Gregor Beyer. "Dieses Signal zu setzen ist Aufgabe von Guido Westerwelle, aber auch von uns allen als Team. " Holger Zastrow, der FDP-Fraktionschef im sächsischen Landtag, erwartet von der Parteispitze eine "selbstkritische Analyse und eine strategische Neuausrichtung".

Die bayerische FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wünscht sich, dass von Stuttgart eine "Aufbruchstimmung" ausgeht. "Ich erwarte, dass Guido Westerwelle zu Dreikönig eine klare inhaltliche Ausrichtung vorgibt", sagt die Bundesjustizministerin. "Er muss zeigen, wie die Liberalen die Landtagswahlen bestehen sollen."

Richard Drautz gehört zu jenen FDP-Landesverbänden, in denen 2011 der Landtag gewählt wird. Der Weinbaumeister sitzt als Wirtschaftsstaatsekretär mit Kabinettsrang in der baden-württembergischen Landesregierung und erwartet vom Parteichef, dass er eigene Fehler eingesteht: "Westerwelles Rede sollte selbstkritisch sein", sagt Drautz, und sie solle "motivieren". Ähnlich hatte Lasse Becker, Chef der Jungen Liberalen (JuLis), im sueddeutsche.de-Interview seinen Wunschzettel für den Dreikönigstag formuliert.

Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) hält angesichts des Umfragetiefs der FDP auf Bundesebene sowohl ein Ende der Personaldebatten als auch ein schärferes Profil der Liberalen für notwendig. Zeil sagte, die FDP müsse inhaltlich "in die Offensive gehen".

Auch er erwarte, dass Westerwelle das traditionelle Dreikönigstreffen in Stuttgart am 6. Januar entsprechend nutzen werde. Zeil fügte mit Blick auf die schlechten Umfragewerte für die FDP hinzu: "Die Leute sind ja nicht weg - aber sie sind enttäuscht. Und Enttäuschte kann man nur wiedergewinnen, indem man durch Leistung überzeugt." Deshalb müsse die FDP mit "beharrlicher Sacharbeit" Vertrauen schaffen.

Zeil warnte zugleich vor weiteren öffentlichen Angriffen auf Westerwelle. Zwar seien von der FDP-Führung Fehler gemacht worden. Diese dürfe man aber nicht "bei einer Person abladen". Zeil betonte: "Manchen würde ich raten, einfach mal über Weihnachten und Neujahr den Mund zu halten und sich anderweitig auszuleben. Das würde der FDP sehr gut tun." Zeil fügte hinzu: "Der Bundesvorsitzende hat uns zu den größten Erfolgen geführt, die diese Partei jemals hatte - übrigens auch mit seiner Unterstützung hier in Bayern. Das vergesse ich nicht." Allerdings habe Westerwelle nun auch die Aufgabe, die FDP aus der gegenwärtig "durchaus ernsten Lage" wieder herauszuführen.

© sueddeutsche.de/dpad/dpa/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Guido Westerwelle und die FDP in der Krise
:Freund und Feind, Spreu und Weizen

Während aus den Ländern die FDP gegen ihren Vorsitzenden fröhlich weitermeutert, stellt sich die Bundesspitze hinter Guido Westerwelle. Fürsprecher und Widersacher im Überblick.

Lena Jakat

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: